Wer verstehen will, was für ein umfangreiches Projekt die Regierung mit der sogenannten "Digitalen Agenda" angehen möchte, muss einen Blick auf die zahlreichen Möglichkeiten werfen, ins Internet zu gelangen. Die populärste Variante ist sicherlich das Wireless Local Area Network, kurz WLAN.
Die Verbindungsdaten werden dabei - etwa in der eigenen Wohnung - ganz einfach durch die Luft übertragen. Am Anfang dieser Verbindung steht der sogenannte Router. Über ein Kabel, das meist unterirdisch verläuft, wird diese Plastikbox mit den Daten versorgt, die sie anschließend in den Raum aussendet. Hier zeigt sich also, dass selbst die kabellose WLAN-Verbindung zuerst ein Kabel braucht - irgendwo müssen die Informationen ja herkommen.
Der Nachteil beim kabellosen Internet ist, dass mit größerem Abstand zum Router die Verbindungsstärke nachlässt. Möchte man also die volle Geschwindigkeit ausschöpfen, dann greift man bestenfalls zum LAN. Anders als beim WLAN wird der Computer hier direkt mit dem Internetkabel verbunden, über das die Daten versandt werden.
Vom Kabel zur DatenautobahnEin weiteres Tor ins Internet öffnet der Mobilfunk. Vor einiger Zeit noch bekannt unter den Namen 2G oder 3G - für Mobilfunkstandards der zweiten und dritten Generation -, ist die neueste Generation dieser Technologie das LTE-Netz. Im Grunde genommen funktionieren diese Varianten aber alle gleich. Über ein Kabel werden die Daten an einen Funkmast gelenkt, der diese wiederum verteilt - wie ein großer WLAN-Router also.
Von Vorteil ist dabei, dass besonders viele Nutzer erreicht werden können. Buchen kann man die Verbindung über einen Mobilfunkanbieter. LTE ist jedoch noch sehr teuer und nicht überall verfügbar. Hat man ein gewisses Datenvolumen erreicht, wird die Verbindung meist wieder gedrosselt. Das Internet ist nach Erreichen dieser Datenmenge vergleichsweise langsam.
Schneller geht's mit Glasfaserkabeln - auch bekannt als "digitale Autobahn". Über spezielle Fasern werden mittels Lichtsignal in Sekundenschnelle große Datenpakete versandt. Noch sind aber vergleichsweise wenige Glasfaserkabel in Deutschland verlegt. Dementsprechend ist die Technologie derzeit noch sehr teuer. Knapp 50 Euro zahlt man etwa bei der Deutschen Telekom für einen Monat Glasfaserzugang!
Digitale Agenda: schnelles Internet auch auf dem LandOb Berlin, Hamburg oder Köln - nur wenige Nutzer in Großstädten können sich über langsames Internet beschweren. Anders verhält es sich in ländlichen Gebieten, wo aber die Mehrzahl der Bürger wohnt. Zwar ist nach Angaben des "Breitbandatlas", der im Auftrag des Verkehrsministeriums erstellt wurde, inzwischen für mehr als 99 Prozent der deutschen Haushalte Breitband verfügbar. Damit werden Geschwindigkeiten von "mindestens 1 Megabit pro Sekunde" erreicht. Tatsächlich ist das Internetsurfen bei einer Geschwindigkeit von einem Megabit pro Sekunde jedoch nur etwas für Menschen mit starken Nerven. Webseiten bauen sich langsam auf, das Streamen von HD-Filmen etwa aus der Mediathek von bundestag.de nicht möglich.
Nur 64,1 Prozent der Haushalte surfen laut aktuellen Zahl aus dem Breitbandatlas mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde. Im ländlichen Raum verzeichnet der Breitbandatlas jedoch nur für jeden fünften Haushalt Zugang zum wirklich schnellen Internet.
Laut einer in der Branche vielbeachteten aktuellen Studie des Cloud- und Load-Balancing-Anbieters Akamai steht Deutschland im weltweiten Ranking mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 7,7 Megabits pro Sekunde nur an 21. Stelle. Im europäischen Vergleich an 13. Stelle.
Schnelles Internet immer und überall ist jedoch nicht nur für Bürger komfortabel, sondern für viele Unternehmen geradezu unerlässlich. Videokonferenzen oder etwa das Übertragen größerer Präsentationen ist mit der Geschwindigkeit von einem Megabit extrem schwierig. Die vielzitierte "Digitale Agenda" der Bundesregierung verspricht daher, bis zum Jahr 2018 Internetverbindungen mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde an jedem Ort in Deutschland zu installieren. Außerdem sollen Staat und Behörden digital besser erreichbar werden, man will die IT-Wirtschaft voranbringen und den Datenschutz vorantreiben.
Um das wichtigste Ziel, den Ausbau des schnellen Internets, zu erreichen, bedient sich das Team rund um Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verschiedener Mittel. Weil sich der Ausbau von Internetleitungen in ländlichen Gebieten finanziell nicht lohnt, möchte er dort künftig vor allem auf den Mobilfunk setzen. So lassen sich mit geringen Investitionen viele Nutzer vernetzen.
Alte Frequenzen und neue BaustellenUm Kosten zu sparen soll die Verlegung von Kabeln außerdem mit Bauarbeiten an anderen Projekten kombiniert werden. So möchte man einerseits schon vorhandene, leere Rohre zur Kabelverlegung nutzen, aber auch anstehende Tiefbauarbeiten, zum Beispiel von Schiffs- und Bahnprojekten, als Anlass nehmen, Kabel direkt mit zu verlegen.
Da auch das Fernsehen auf digitale Übertragung umstellt, soll das aus der Versteigerung von Funkfrequenzen erlöste Geld in den Netzausbau investiert werden. Denn die Frequenzen, die in Zukunft nicht mehr vom Fernsehen genutzt werden, können dann von Netzbetreibern gekauft werden, die dann ihren Kunden Mobilfunknetze anbieten.
Darüber hinaus soll ein kostenloses WLAN-Netz für alle Menschen in Deutschland längerfristiges Ziel der Agenda sein. Da laut Gerichtsentscheidungen aber derzeit noch die Besitzer von WLAN-Netzen für illegale Downloads und Co. haften, ist die Umsetzung in absehbarer Zeit eher unrealistisch. Denn kein Internetanbieter will für den Missbrauch seines Netzwerkes bestraft werden.
Opposition: Von Ankündigungspolitik bis OffenbarungseidDoch die ambitionierten Pläne von Minister Dobrindt lösen vor allem bei der Opposition alles andere als Begeisterung aus. Von einer "folgenlosen Ankündigungspolitik" sprach etwa die Linken-Abgeordnete Halina Wawzyniak bei der Agenda-Debatte am Donnerstag, 16. Oktober 2014, im Bundestag. Sogar einen "Offenbarungseid" nannte Grünen-Netzexperte Konstantin von Notz die Vorlage. Es fehle jede Aussage zur Finanzierung des geplanten Netzausbaus und auch über den Datenschutzskandal werde darin kein Wort verloren.
Koalition: "Miespetrige Opposition"Die Koalition konterte: Die Opposition führe die Debatte "miespetrig", so Sören Bartol für die SPD. Die Agenda sei ein Maßnahmenplan, der Schritt für Schritt vom Parlament abgearbeitet werde: "Es liegt nun in unseren Händen, ob wir dabei ängstlich nur die Risiken der Digitalisierung betonen oder ob wir die Digitalisierung gemeinsam optimistisch als Chance begreifen."
Für die Union betonte Thomas Jrzombek, der Vorwurf, die Koalition lege zu wenig Gewicht in die Digitalpolitik sei nicht zutreffend - es gebe nicht nur einen eigenen Ausschuss für das Thema, sondern mit Günther Oettinger demnächst auch bald einen deutschen Digitialkommissar in der EU-Kommission.