Wie hat sich Europa in den letzten Jahrzehnten verändert, wenn wir es von seinen Rändern her betrachten? Achim Engelberg bereist seit vielen Jahren Europas Außengrenzen von Island bis Sizilien, von Spanien bis zum Balkan. Nach dem Kalten Krieg wurde es dort gefährlicher. Die 1990er Jahre waren geprägt von der Rückkehr des Krieges, von den ökonomischen Schockwellen, die Osteuropa erfassten und Westeuropa unsozialer machten. Die vielen Flüchtlinge aus zerfallenden Staaten des Ostens und vom Balkan verstörten, das Sterben im Mittelmeer begann. Es war 1989 nicht das Ende der Geschichte erreicht, wie viele geglaubt hatten, vielmehr brachen Ungewissheit und Unsicherheit über das stolze und saturierte Europa herein. Findet unser Kontinent erneut die Kraft, sich wie Phoenix aus der Asche zu erheben?
die Vertreibung,
meinem Vater Ernst,
der Flucht und Exil erlebte.
Als sich Europa nach dem Kalten Krieg vereinte, stiegen die Gefahren an den Außengrenzen. Bereits 1990 begann das Sterben im Mittelmeer, und es kam zu tödlichen Zwischenfällen an der deutschpolnischen Grenze, als diese noch EU-Außengrenze war.
Der vielfache Aufbruch – vom Aufblühen vieler Metropolen über die Neuentdeckung von Regionen, die hinter dem Eisernen Vorhang gelegen hatten, bis hin zu den scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten des Internets – verdrängte die anschwellenden Konflikte. Doch dann kehrte der Krieg zurück nach Europa, überrollten ökonomische Schockwellen den Kontinent, die Osteuropa beutelten und Westeuropa unsozialer machten.
Die Massenankunft im Jahr 2015 war die Rückkehr des Verdrängten, das unaufhaltsam aus der europäischen Geschichte hervorbrach.
Stimmen aus Europa und von seinen Rändern verdichten sich zu einem Chor: Ein Kontingentflüchtling aus der zerfallenden Sowjetunion gehört dazu, der in Deutschland eine globale Familie fand, in der viele Geschichten von Flucht, Auswanderung und Vertreibung
erzählt werden, und ein Beamter, der 1990 seinen Dienst in der Ausländerbehörde antrat und mit Weltkonflikten auf und vor seinem Schreibtisch befasst war. Neben den emotionalen Geschichten stehen die Reflexionen eines engagierten Wissenschaftlers und Politikberaters,
der ein Institut für Migrationsforschung gründete, und die Gedanken, die dem Kapitän eines Rettungsbootes im Mittelmeer durch den Kopf gehen. Reportagen von den Rändern des Kontinents und aus Berlin, mehr ein Archipel von Minderheiten als ein Melting Pot, erzählen von Umbrüchen unserer zunehmend planetarischen Epoche.
Es sind Geschichten von Leid und Mut.
Man geht nicht ohne Not, man geht nicht ohne Hoffnung.
Prolog
Was gibt es Neues im Osten?
Wie lang war der Weg zum Einwanderungsland?
Gibt es einen Ausweg ohne Leid?
Warum leben in Deutschland andere Migranten als anderswo?
Wie verändert sich die Berliner Sonnenallee, wenn’s draußen in der Welt bebt?
Wer floh gestern in die Türkei, wer flieht heute von dort?
Wie zeigt sich das Neue rund um den alten Djemaa el Fna?
Wie wurde das Mittelmeer zur gefährlichsten Grenze der Welt?
Warum kommen Freiheit und Gleichheit so schwer zusammen?
Kommt nach der Einwanderungs die Minderheitengesellschaft?
Kein Epilog
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