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Englands Fußball-Klubs verzichten auf Panikkäufe

José Mourinho pochte übellaunig auf die Verpflichtung eines neuen Innenverteidigers – und bekam ihn nicht

Neue Transferfrist führt zu deutlich weniger Ausgaben in der Premier League. Mourinho bekommt geforderten Innenverteidiger nicht.


Berlin. José Mourinho ist nicht nur Trainer von Manchester United, sondern auch ein Fan der Planungssicherheit. Deshalb war der 55-Jährige im September 2017 auch dafür, als eine Revolution im englischen Fußball beschlossen wurde. Damals entschieden die 20 Premier-League-Klubs, dass ab der Saison 2018/19 Käufe von Spielern nur noch bis zum Start der neuen Spielzeit möglich sind - um zu verhindern, dass Trainer ihre Leistungsträger verlieren oder neue von anderen Klubs abwerben, wenn die Ligaspiele schon laufen. Zweiteres fiel Mourinho nun auf die Füße.

Denn während in Deutschland, Frankreich und Spanien noch bis zum Ende des Monats Transfers möglich sind, hat sich die Premier League freiwillig selbst beschnitten. Am Donnerstag um 18 Uhr schloss in England das Transferfenster - 27 Stunden später, an diesem Freitag, eröffnet Mourinho mit United zu Hause gegen Leicester City die neue Premier-League-Saison (21 Uhr/DAZN-Livestream).

Auch beim ersten Saisongegner, der sich gestern noch für 21 Millionen Euro die Dienste von Freiburgs Verteidiger Caglar Söyüncü sicherte, hatte Manchester angeklopft, sich nach Englands Nationalspieler Harry Maguire erkundigt. Vergebens, wie schon bei Diego Godin von Atlético Madrid oder Jerome Boateng von Bayern München, der Mourinho persönlich am Telefon absagte. Die Laune des Portugiesen, der während der wochenlangen und erfolglosen Suche immer wieder öffentlich und garstig Verstärkung forderte, dürfte sich also nochmals verschlechtert haben.

Dabei ist es nicht so, dass Mourinho zuvor sonderlich sparsam war

Er hatte bereits rund 83 Millionen Euro ausgegeben: Er holte den brasilianischen Mittelfeldspieler Fred für 59 Millionen aus Donezk und den erst 19-jährigen Rechtsverteidiger Diogo Dalot aus Porto für 22 Millionen Euro. Aber um wirklich um einen Titel mitspielen zu können, hätte er noch einen Innenverteidiger von Weltformat benötigt. Denn eigentlich will „The Special One", wie sich der extrovertierte Trainer einst selbst bezeichnete, den Angriff auf den Stadtrivalen Manchester City und Pep Guardiola wagen, hinter dem United in der vergangenen Saison mit 19 Punkten Rückstand Zweiter wurde.

Selbiges dürfte sich Tottenham Hotspur für diese Saison vorgenommen haben. Doch im Gegensatz zu allen anderen Teams in der Premier League, sorgten die Londoner in dieser Transferperiode für ein Novum in der finanzstärksten Liga der Welt: Sie verpflichteten keinen einzigen Spieler. Der vorgezogene Transferschluss scheint zudem auch dazu geführt zu haben, dass Panikkäufe ausgeblieben sind. Einzig der FC Everton schlug mit Yerry Mina und André Gomes vom FC Barcelona sowie dem vereinslosen Bernard kurz vor Fristende noch einmal zu.

Jürgen Klopp und sein FC Liverpool gaben insgesamt 182 Millionen Euro für neue Spieler aus - kein Verein investierte mehr. „Es macht Sinn, dass die Planungen zu Saisonbeginn abgeschlossen sind", sagte der 50-Jährige. Unter den Zugängen ist Naby Keita von RB Leipzig für 60 Millionen Euro. Bis Mittwoch hatte Klopp auch den teuersten Torhüter der Welt verpflichtet: Für 75 Millionen Euro kam der Brasilianer Alisson vom AS Rom. Dann zahlte der FC Chelsea die festgeschriebene Ablöse von 80 Millionen Euro für den Spanier Kepa Arrizabalaga vom Atlethic Bilbao. Die 23 Jahre alte Nummer zwei der spanischen Nationalelf ist damit der teuerste Schlussmann aller Zeiten und soll bei Chelsea den besten Torwart der WM, den Belgier Thibaut Courtois, ersetzen, der nun zu Real Madrid gewechselt ist.

Verhältnismäßig haben sich die englischen Vereine aber zurückgehalten. 1,33 Milliarden Euro haben die Klubs diesmal für 196 Spieler ausgegeben. Vor einem Jahr waren es noch 1,61 Milliarden. Mourinho dürfte an den verbliebenen Millionen kaum Freude haben.


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