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So chaotisch ist der Verkehr auf der Potsdamer Brücke

Viele Verkehrsteilnehmer ignorieren die Busspur

Der LED-Bildschirm auf der Potsdamer Straße in Tiergarten ist eigentlich nicht zu übersehen. In Großbuchstaben steht dort: Potsdamer Brücke, gesperrt, bis Ende September. Doch viele Verkehrsteilnehmer ignorieren sowohl die Anzeige als auch die darauffolgenden Durchfahrt-verboten-Schilder, fahren trotz Sperrung über die Brücke. Diese ist zurzeit ausschließlich für BVG-Busse freigegeben.

Die Ampeln an den Kreuzungen Reichpietschufer und Schöneberger Ufer sind ausgeschaltet, provisorisch aufgestellte Busampeln sollen den ÖPNV sicher über die Brücke und die Uferstraßen leiten. Doch auch diese werden von den Falschfahrern missachtet, mit der Folge, dass es vermehrt zu Unfällen kommt. Busfahrer schimpfen, Fahrradfahrer auch, Autofahrer schieben die Schuld auf die unübersichtliche Verkehrslenkung. Die Senatsverkehrsverwaltung spricht indes von „einer erheblichen Missachtung" der eindeutigen Beschilderung. Es herrscht Chaos auf der Potsdamer Brücke.

Es ist ein Bild, das exemplarisch für die Verkehrssituation ist: Ein Streifenwagen der Polizei fährt in Richtung Potsdamer Platz über die Brücke, durch die Verbotsschilder hindurch, und hält an einer Busampel. Das scheint erst einmal in Ordnung, schließlich ist es die Polizei. Wären da nicht die vier weiteren Pkw hinter dem Streifenwagen, die sich allesamt über die Verbotsschilder hinweggesetzt haben. Strafzettel? Fehlanzeige. Die Busampel springt auf einen vertikalen Balken, der „grün" bedeutet. Die Kolonne mit dem Streifenwagen an der Spitze setzt sich wieder in Bewegung, überquert das Reichpietschufer, vorbei an einem kaputten Ford Fiesta, der nach einem Unfall an der Mittelinsel steht. Um den Wagen herum liegen die Trümmerteile eines blauen Peugeot. Seit der Einrichtung der Baustelle kommt es häufiger an der Potsdamer Brücke zu Unfällen.

„Die interessiert das überhaupt nicht, dass sie hier nicht langfahren dürfen", ruft eine Radfahrerin kurz darauf empört, nachdem die nächsten Autofahrer über die gesperrte Brücke gefahren und dabei in den Seitenverkehr des Schöneberger Ufers geraten sind. Ein Kombi entging dabei nur knapp einer Kollision. „Die achten gar nicht auf die Ampeln", kommentiert die Radfahrerin kopfschüttelnd.

Beinahe-Unfälle wie dieser sind auf der Potsdamer Brücke am Montag im Minutentakt zu beobachten. Auch mit Fahrradfahrern und Fußgängern. Denn wer die „roten" Busampeln missachtet, quert unweigerlich die Überwege der Fußgänger und Radfahrer, die zeitgleich Grün haben. Um sie zu schützen hat der Senat nun sogenannte Schrammborde aufstellen lassen. Des Weiteren seien die Markierungslinien verdeutlicht und weitere Durchfahrtsbeschränkungen installiert worden. „Die Einfädelung für die Busspur wurde ebenfalls verlängert", teilte die Senatsverkehrsverwaltung mit.

Trotzdem sagt ein Busfahrer der BVG: „Es ist irre, lebensgefährlich." Einer seiner Kollegen bezeichnet die Situation als „Katastrophe" und erklärt folglich das Problem mit den Busampeln: „Die sind für einzelne Fahrzeuge geschaltet, aber nicht für so viele Pkw." Die Folge: Erst steuern Autofahrer verkehrswidrig über die Brücke, dann stauen sie sich bis auf die Kreuzungen - sofern sie die Busampeln denn beachten. Für die Busse gibt es zudem das Problem, dass sie durch die von Autofahrern genutzte Spur verspätet sind.

Die Autofahrer selbst weisen die Schuld jedoch von sich. Zu undeutlich sei die Verkehrsführung. „Ich habe die Schilder nicht gesehen", meint eine junge Fahrerin. Sie wohne zwar in der Nähe, habe von der Sperrung aber nichts gewusst. Besser wissen sollten es dagegen Taxifahrer, die täglich in Berlin umherfahren. Trotzdem: Eines nach dem anderen rast über die gesperrte Brücke. Ein Potsdamer Autofahrer sagt: „Es ist alles ein bisschen unübersichtlich hier." Deshalb sei auch er erst einmal weiter geradeaus gefahren. Dabei müssen Pkw- und Lkw-Fahrer aus Schöneberg kommend eigentlich über die Köthener Brücke, vom Potsdamer Platz kommend über die Bendlerbrücke ausweichen.

Ende September soll die Brücke zwar wieder für den regulären Verkehr freigegeben werden, die Sanierung wird nach Auskunft der Senatsverwaltung jedoch noch bis Ende November dauern. Außer der Erneuerung des Straßenbelags müssen auch die Fugen der 51 Jahre alten Brücke neu abgedichtet werden.


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