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Samuel Koch besucht Kinderhospiz: "Ich habe keine Angst vor dem Tod"

Samuel Koch besucht die Einrichtung des Kinder- und Jugendhospiz‘ Löwenherz. Leiterin Gaby Letzing und Geschäftsführerin Barbara Frerker (links) führen ihn durch die Räume. © Jantje Ehlers

Rebekka (14) hat einen Tumor, der auf das Rückenmark drückt. Sie ist mit Samuel Koch in der Reha-Klinik. Beide sind gelähmt. Beide kämpfen. Und dennoch hat Rebekka den Kampf verloren. Sie ist mit 15 Jahren gestorben. Wie sie kämpfen auch die jährlich bis zu 250 Kinder und Jugendlichen, die ins Hospiz Löwenherz kommen.

Bei diesem Thema fehlen oft die Worte. Auch am Freitag, als Samuel Koch mit seinem Rollstuhl in den voll besetzten Raum vom Jugendhospiz fährt, ist es mucksmäuschenstill. „Zwischen zehn Minuten und einer Stunde" will der 28-Jährige mit den Anwesenden über das Thema „Grenzen - das Leben geht weiter, als man denkt" reden. „Warum wurde eigentlich gerade ich eingeladen? Ich bin weder ein Kind, noch ein Jugendlicher und auch kein Vater", fasst Koch zusammen. Die Antwort: Auch er hat dem Tod schon in die Augen geblickt. Sich aber wieder ins Leben zurückgekämpft. „Ich habe keine Angst vor dem Tod, zumindest nicht vor meinem", unterstreicht Koch.

Unfall bei "Wetten, dass..?"

Das Kinder- und Jugendhospiz Löwenherz hat „noch nie so viele Anmeldungen für den Neujahrsempfang bekommen", so Leiterin Gaby Letzing. In dieser für ihn eher „beschaulichen und gemütlichen Runde" fühlt Samuel Koch sich offensichtlich wohl. Trotzdem oder gerade weil alle Blicke auf ihn gerichtet sind. Auf ihn und seine Einstellung zu Hoffnung, Tod und Grenzen.

Rückblick: Bei einem tragischen Unfall 2010 in der ZDF-Sendung „Wetten, dass..?" wollte Koch mit speziellen Sprungstiefeln an den Füßen mit einem Vorwärtssalto über fünf Autos springen. Der Versuch misslang. Er ist seitdem vom Hals abwärts gelähmt. „Ich hatte einen dämlichen Unfall", sagt er selbst über sein Schicksal.

Nun sitzt er im Rollstuhl vor den Gästen im Jugendhospiz und erzählt aus seinem Leben, von Beeinträchtigungen im Alltag und von persönlichen Grenz-Erfahrungen. Von sichtbaren Grenzen an Bordsteinkanten oder am Bahnsteig ohne Lift. Aber auch von unsichtbaren Grenzen wie der Erdanziehungskraft und Krankheiten.

Der Lebensmut bei Samuel Koch ist spürbar. Der Grund dafür: Hoffnung. „Auch wenn es naiv klingt und der Verstand dagegen sprechen würde, ist Hoffnung gut." Diese schöpft er daraus, eine Aufgabe und Beschäftigung zu haben.

Samuel Koch steht jetzt auf Theaterbühnen

Auch Freunde und Familie geben ihm nicht nur jetzt Kraft, sondern haben ihn auch nach seinem Unfall angetrieben, weiterzumachen. Weiterzumachen mit seinem Schauspiel-Studium. So steht er jetzt auf Theaterbühnen wie aktuell im Staatstheater Darmstadt. „Die Absprache ist, dass ich keine Opfer- oder Behindertenrollen spiele", so Koch. Generell kann er der „Verkörperung" einer Rolle beim Theater nur ein Lächeln abgewinnen: „Ich verkopfe die Rolle eher." Das Besondere an dem Beruf für Koch, er kann immer noch die Leute zum Lachen oder Weinen bringen. Und: Im Theater sitzt er selten im Rollstuhl, sondern auf Pferden oder in Tonnen, die an der Decke hochfahren.

„Entweder der Zustand verbessert sich, oder ich akzeptiere ihn so, wie er ist. Beides ist noch nicht eingetreten", hält er fest. Dennoch will Koch nicht stagnieren. Und vor allem will er die Hoffnung nicht verlieren, bis die größte Grenze, „auf die wir alle zustoßen", erreicht ist: Der Tod.

Die Zeit davor sollte vor allem Kindern und Jugendlichen so schön wie möglich gestalten werden. Dazu hat der Hospiz das Projekt „Wovon träumst du?" konzipiert. In diesem können geistig- und körperlich Behinderte eine Woche nach ihren Wünschen gestalten. Von Bowling über Angeln bis hin zu einem Fotoshooting.

Wovon träumst du? „Sinnvoll und nützlich zu sein", antwortet Samuel Koch. Dabei will er vor allem helfen. Wo er nur kann. So besucht er Leute mit dem gleichen Schicksal oder Schulklassen. „Es gibt keine allgemein gültigen Tipps", hält er fest. Dennoch: Sein Leben geht weiter - und diese Botschaft möchte er weiter tragen.


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