Jahrelang gab es auf einigen Inseln vor Ecuador keine Grundschule – und kaum jemanden kümmerte es. Nun fahren Lehrerinnen mit Booten zu den Kindern. Doch es gibt mehr nachzuholen als nur den Lernstoff.
An einem Montagmorgen um kurz nach acht bollert ein Holzboot aus dem Hafen von Guayaquil raus in den Golf, der die größte Stadt Ecuadors mit dem Pazifik verbindet. Die sechs Frauen an Bord ziehen sich Schirmmützen und Handschuhe gegen den Fahrtwind und die brennende Novembersonne an, Rettungswesten gegen das mulmige Gefühl. Keine von ihnen kann schwimmen. Dabei ist dies ihr Weg zur Arbeit. Sie sind Grundschullehrerinnen in Puná, einem Bezirk, der zahlreiche Inseln vor Guayaquil umfasst.
Im Herbst 2020 enthüllte der Expreso, eine der wichtigsten Zeitungen des Landes, dass es in vier abgelegenen Dörfern Punás seit mindestens fünf Jahren keinen Grundschulunterricht gab. Die Ortschaften befinden sich auf Inseln in den Mangrovensümpfen. Dort leben etwa 240 Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren, die damals nicht schreiben und rechnen konnten, die noch nie von den Planeten unseres Sonnensystems gehört hatten.
In vielen Ländern stellt man sich derzeit die Frage, wie die Lücken gefüllt werden können, die in der Pandemie durch monatelang geschlossene Schulen und improvisierten Unterricht entstanden sind. Aber wie soll man es schaffen, das Wissen von fünf Jahren nachzuholen?
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