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Radfahren: So kommt man auf dem Rad gut durch den Winter

In manchen Situationen helfen auch unsere Tipps nicht weiter. © Emil Fagander/​plainpicture

Wie kommen wir trotz Corona gemeinsam gut durch die dunklen Jahreszeiten? Unser Schwerpunkt "Kopf hoch" widmet sich den Herausforderungen in diesem Herbst und Winter.

Im Corona-Sommer sind viele von U-Bahn, Bus oder Tram aufs Fahrrad umgestiegen - ein wahrer Fahrradboom in den Städten war zu beobachten. Jetzt, da sich die Blätter verfärben und in den Supermärkten die Lebkuchen immer weiter nach vorne rücken, stellen sich somit noch mehr Radfahrer als sonst die Frage: Zieh ich das durch? Ihnen sei gesagt: Radfahren im Winter ist möglich. Und es gibt ein paar einfache Tricks, mit denen man ohne Frostschäden an Leib und Rad durch die Kälte kommt.

Mehr Uncoolness wagen

Das türkisfarbene Bianchi-Rennrad mag das ideale Mode-Accessoire für den Sommer darstellen, für Fahrten im Winter ist es denkbar ungeeignet. Auf dünnen Rennradreifen ist man zwar schnell - kommt aber eben auch besonders schnell ins Rutschen, sobald der Radweg mit nassem Laub, Schnee oder Eis bedeckt ist.

Wer im Winter nicht aufs Radfahren verzichten möchte, sollte deshalb auf ein Stadt- oder Trekkingrad umsteigen. Sieht natürlich nicht so lässig aus, aber: Breite Reifen mit gutem Profil sind bei schwierigem Wetter die richtige Wahl. Mountainbikes sind genauso geeignet, sollten aber mit Schutzblechen ausgerüstet sein. Die sind ebenfalls nicht cool, aber helfen sehr, weder die eigene Kleidung noch die anderer Verkehrsteilnehmerinnen mit Schneematsch zu ruinieren.

Planen Sie sich für den Winter ein anderes Fahrrad zuzulegen, sollten Sie eins mit Scheibenbremsen in Erwägung ziehen. Bei Nässe arbeiten sie zuverlässiger als Felgenbremsen - und sehen obendrein edel aus. Wer längere Strecken auf dem Land fährt, sollte zudem über spezielle Winterreifen mit Metallstiften - sogenannten Spikes - nachdenken, die auch auf vereisten Wegen guten Halt bieten. In Städten jedoch, wo der Schnee schneller schmilzt, sind Spikes meist nicht nötig. Im Gegenteil: Auf nassem Asphalt haben sie sogar schlechtere Fahreigenschaften.

Putzen, putzen, testen

Wer sein Rad liebt, der putzt. In der kalten Jahreszeit sind nicht nur Radfahrer, sondern auch ihre Räder besonders harten Bedingungen ausgesetzt: Schnee, Matsch, Frost und Streusalz. Auch das Fahrrad freut sich deshalb, wenn es trocken untergestellt wird. Am besten sogar abgeschirmt im Keller oder der Garage, um es vor Minusgraden zu schützen.

Sobald es schneit, ist es zudem besonders wichtig, die Fahrradkette regelmäßig zu reinigen und zu ölen, um sie vor Rost zu schützen. Mancher Liebhaber putzt angeblich sogar nach jeder nassen Fahrt. Schaden tut's sicher nicht. Für Schrauben, Ritzel, Lager und andere Metallteile gibt es eine Vielzahl an Schutzmitteln zum Sprühen und Schmieren. Sie kosten zwar, können sich aber für Vielfahrerinnen lohnen, weil alle Fahrradteile im Winter deutlich schneller verschleißen.

Schon im Herbst sollte man das eigene Rad inspizieren: Funktioniert das Licht? Und wie sieht es mit den Bremsen aus? Abgefahrene Bremsbeläge und Reifenprofile machen im Sommer seltener Probleme, können im Winter aber leicht zu Unfällen führen. Auch verschmutzte Reflektoren an Reifen und Pedalen sollte man reinigen, um an dunklen Winterabenden von Autofahrerinnen gesehen zu werden.

Trotz aller Vorsicht und Pflege gilt: Nach der Wintersaison ist ein weiterer Fahrradcheck empfehlenswert, den man entweder selbst durchführen kann oder dem Fahrradladen seines Vertrauens überlässt.

Zwiebeln und Alufolie

Was die Kleidung angeht, sind natürlich winddichte Handschuhe und eine wärmende Kopfbedeckung ein Muss. Spezielle Stirnbänder und Hauben aus dem Fahrradladen passen auch unter den Helm. Statt auf den dicken Wintermantel sollte man auf das altbewährte Zwiebelprinzip vertrauen: Mit mehreren wärmenden Schichten ist man flexibel. Denn wer 20 Minuten durch den Schneematsch strampelt, kommt schnell ins Schwitzen. Dann ist es besser, eine Schicht auszuziehen, statt nassgeschwitzt anzukommen oder gar mit offener Jacke zu fahren und sich zu erkälten. Atmungsaktive Funktionskleidung kann helfen, ist aber kein absolutes Muss: Oft tut es auch Omas Strickpulli unter einer Jacke. Den kann man im Büro dann ja ausziehen.

Im Herbstregen und im winterlichen Schneetreiben ist man mit Schuhüberziehern und Regenhose gut beraten. Über die eigentliche Hose gezogen, schützen sie vor Feuchtigkeit und kaltem Wind. Dafür lohnt es auch, eingepackt wie ein Polarforscher im Büro aufzutauchen. Die meisten Regenhosen lassen sich über die Schuhe ziehen, sodass man sich nicht weiter nackig machen muss.

Beim Kauf einer Regenhose lohnt es sich, ein paar Euro mehr auszugeben: Günstige Modelle halten zwar Nässe von außen ab, leiten aber keinen Schweiß ab. Schnell ist die Hose darunter deshalb genauso nass wie ohne Regenüberzug.

Wer schnell kalte Füße kriegt, für den gibt es einen besonderen Tipp: Alufolie. Eine Lage davon in die Schuhe gepackt hält die Füße genauso warm wie mancher Winterstiefel.

Warum auch Nichtraucher Feuer haben sollten

Die Liste an möglichem Fahrrad-Winterzubehör ist lang. Am wichtigsten jedoch ist eine gute Fahrradbeleuchtung - um selbst zu sehen und gesehen zu werden. Autofahrer kämpfen mit schlechter Sicht, beschlagenen Scheiben und nassen Straßen, deshalb sollte man auch tagsüber mit Licht fahren. Sind die Leuchten batteriebetrieben, muss man womöglich öfter mal nachlegen - doch das lässt sich leichter beheben als ein Unfall wegen schlechter Sicht. Reflektoren am Fahrrad und an der Kleidung helfen ebenfalls.

Die eigene Sicht kann eine Helmleuchte verbessern, die dem eigenen Blickfeld folgt und nicht dem Lenker. Auch unbeleuchtete Fußgänger und deren Hunde lassen sich so bei einem Seitenblick erfassen.

Auf den Helm selbst sollte man gerade im Winter ebenfalls nicht verzichten. Denn auch viel Erfahrung im Straßenverkehr und vorausschauendes Fahren können einen Sturz auf glatter Fahrbahn nicht immer verhindern. Wer bei Schneefall mit dem Rad fahren möchte, für den lohnt sich zudem eine Winterschutzbrille, damit weder schneidender Fahrwind noch fallende Schneeflocken die eigene Sicht behindern.

Ärgerlich ist, wenn man gar nicht erst losfahren kann - weil das Fahrradschloss zugefroren ist. Dann ist man auch als nichtrauchende Radlerin froh, ein Feuerzeug dabei zu haben. Alternativ hilft Enteisungsspray.

Elegant übers Eis gleiten

Auch bei Schnee und Eis kann man Radfahren. Man sollte allerdings die eigene Fahrweise anpassen und mehr Zeit einplanen. Gefahren lauern besonders in Kurven, auf Brücken, wo es besonders schnell gefriert, an sehr schattigen Stellen, die die Sonne nicht auftaut, und auf Kopfsteinpflaster. Hier kommt man als Radfahrer besonders leicht ins Rutschen. Ratsam ist, vorsichtig zu lenken, langsam in Kurven zu fahren und beim Abbiegen möglichst gar nicht zu bremsen, damit die Reifen nicht die Haftung verlieren. Muss man doch bremsen, dann stets Vorder- und Hinterbremse nutzen. Entsprechend länger sollte man den Bremsweg berechnen.

Außerdem empfiehlt es sich im Winter, den Sattel einige Zentimeter tiefer einzustellen, um den eigenen Schwerpunkt etwas nach unten zu setzen. Das Gewicht ist so besser verteilt, und kommt man doch ins Schlingern, sind die Füße schneller am Boden. Ein weiterer Tipp: die Reifen nicht zu prall aufzupumpen oder etwas Luft abzulassen. Das erhöht die Kontaktfläche zum Boden und sorgt für mehr Haftung.

Und dann ist da noch die Frage nach der Fahrbahnwahl: Zwar sind Städte und Gemeinden verpflichtet, verkehrswichtige innerörtliche Radwege zu räumen und zu streuen. Trotzdem wird im Autoland den Straßen meist Vorrang eingeräumt. Ist ein Radweg weder geräumt noch gestreut, dürfen Radfahrer die Straße nutzen, auch wenn der Radweg mit einem weißen Rad auf blauem Grund - wie das in Deutschland heißt - als "benutzungspflichtig" ausgewiesen ist.

Schütze den Akku

Wer im Winter sein E-Bike nutzen möchte, sollte nicht nur die eigene Fahrweise anpassen, sondern auch mit veränderten Fahreigenschaften rechnen. Oftmals setzt der elektrische Antrieb bei Schnee oder Matsch zeitverzögert, dann aber mit viel Drehmoment ein. Davon sollten sich Fahrer nicht überraschen lassen.

Dem Elektromotor selbst können Kälte und Schnee zwar wenig anhaben, er ist meist gut abgedichtet. Doch die Batterie eines E-Bikes ist empfindlich. Bei Minusgraden kommt es vor, dass sowohl Leistung als auch Reichweite dauerhaften Schaden nehmen. Dagegen hilft es, auch dem Akku Winterkleidung anzuziehen: Dafür gibt es Schutzhüllen aus Neopren.

Beim Laden des Akkus ist ebenfalls Vorsicht geboten: Ihn sollte man erst an den Strom anschließen, wenn er Zimmertemperatur erreicht hat, sonst lässt er sich nicht vollständig laden. Um Frostschäden zu verhindern, sollte man die Batterien ohnehin besser in der Wohnung lagern und erst kurz vor der Fahrt einsetzen.

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