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Es gärt in der Parkstraße

Um die Pläne der Hinterhofbrauerei Broy auf der Schwanthalerhöhe ist ein Streit entbrannt.

„Eigentlich wollen wir hier nur unser Bier brauen.“ Leise spricht André Broy (27) in seinem Sudhaus auf der Schwanthalerhöhe, und doch ist die Frustration in diesem Satz nicht zu überhören. Denn seit ihrer Eröffnung tobt ein Streit rund um die Brauerei Broy. Ein Streit um Alkohol und lärmende Kneipengäste, um steigende Mietpreise, um Gentrifizierung und nicht zuletzt um die Zukunft der Schwanthalerhöhe.

Dabei hat Broy mit all dem bisher wenig zu tun. Es gab eine Einweihnungsparty, doch die Brauerei hat weder Schankraum noch Gaststättenlizenz. 90 Prozent des Bieres verkauft Broy über den Onlineshop. Wenn Selbstabholer oder Interessierte vorbeikommen, können sie das frische Bier kosten, aber ohne lange Abende im Hinterhof.

Viel Platz gibt es auch nicht. Das flache Rückgebäude war früher eine Vulkanisierwerkstatt, heute stehen dort Sudkessel und Gärtanks. Im Hinterhof statt Autoreifen nun Paletten mit Bierkästen und leeren Flaschen. „Das Haus hat den gleichen Charme wie vor 30 Jahren“, erzählen Besucher immer wieder. Echtes Handwerk im Hinterhof.

Angefangen hat Broy in der eigenen Küche, zusammen mit seinem Freund Dominik Burger. Schnell wurden die Biermengen größer und damit auch die Geräte, es folgten Umzüge: erst in eine Garage, dann als Pop-up-Brauerei in mehrere Zwischennutzungsquartiere in München. Und 2018 schließlich auf die Schwanthalerhöhe. „Das Hinterhaus war in einem baufälligen Zustand“, erzählt André Broy. „Und wir mussten dafür sorgen, dass die Lebensmittelbehörde alles abnimmt.“ Bedeutete: Neue Böden gießen, Wände verputzen, das Dach abdichten – zwei Monate lang. Heute produziert Broy drei Hektoliter pro Braugang, eintausend 0,3-Flaschen. Kleine Menge, dafür immer frisch. Das Kundenversprechen: „Kein Bier ist älter als sechs Wochen.“

Eine kleine Hinterhofbrauerei, die 300 Liter produziert. Und doch haben die Nachbarn Angst. In ihren Augen entwickelt sich die Parkstraße zum Partyhotspot. Neun Gastrobetriebe gibt es schon, dabei ist die Parkstraße nur 350 Meter lang. Ein zehnter kommt bald dazu: Die Betreiber selbst nennen ihn „Kiosk/Getränkehandel“, trotzdem hat das Kreisverwaltungsreferat eine Freischankfläche genehmigt – obwohl der Bezirksausschuss (BA) dagegen war. „Es ist nicht klar, ob das überhaupt eine Gaststätte ist“, findet BA-Mitglied Florian Kraus (Grüne).

Viele befürchten, die Feiernden sind erst der Anfang. Sie deuten den Ruf des Stadtviertels um, machen die Schwanthalerhöhe cool. „Es könnte eine Gentrifizierungswelle übers Viertel schwappen“, fürchtet Willy Mundigl, Vorsitzender der SPD-Fraktion im BA Schwanthalerhöhe. „Die jetzigen Anwohner werden durch die Szene vertrieben und neue Anwohner vertreiben wiederum die Szene.“ Mietpreissteigerungen inklusive. Wie in Haidhausen oder im Glockenbachviertel.

André Broy kennt diese Vorwürfe. Sie häufen sich, seit klar ist, dass auch die Brauerei eine Gaststättenlizenz beantragen wird. Gleichzeitig stellt der Brauer klar: „Das hier ist kein Laden, der sich dafür eignet, einen DJ reinzustellen und laute Musik zu spielen. Wir werden keine coole Tanzbar.“ Wohnzimmeratmosphäre für 40 Gäste statt schicker Szenekneipe, so der Plan.

Ob es überhaupt so weit kommt, ist offen. Denn das zur Brauerei umgebaute Hinterhaus soll abgerissen, das Vorderhaus renoviert werden – solange der Bauantrag läuft, gibt es keine Gaststättenlizenz. Und der zieht sich. Broy hofft, im kommenden Frühjahr eine Schanklizenz beantragen zu können – beeinflussen kann er den Vorgang nicht. Und selbst wenn das klappt, wäre es ein teuer erkaufter Erfolg: „Wir haben keinen langen Mietvertrag. Wenn das Hinterhaus komplett saniert wird, dann müssen wir mit der Brauerei wahrscheinlich raus.“ Eine Alternative gibt es wohl schon. „Wir sind bisher immer von A nach B gezogen, und das wird sich auch nicht ändern.“ Und die Gaststätte? Vielleicht. Eventuell. Mal sehen.

Broy nutzt die Zeit, die bleibt. „Unser Fokus liegt darauf, saisonal zu brauen: Im Frühjahr brauen wir eher frische hopfige Biere – im Winter hatten wir malzigere Biere mit etwas mehr Alkohol.“ Bis zu fünf verschiedene Sorten gibt es. Das Bier wird in dem Laden verkauft, der noch keine Gaststätte sein darf – um den Lärm aus dem Hof fernzuhalten. Aus Rücksicht auf die Nachbarn.

Umso weniger versteht Broy den Ärger rund um die Brauerei: „Ich finde es schade, dass es so viele negative Gerüchte gab, obwohl wir noch gar nicht angefangen haben.“ Doch nicht alle finden: Hopfen und Malz, Gott erhalt’s!