Viktoria Hausmann

Studentin, freie Journalistin , München

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Nach Sendung: Wirtin erntet Shitstorm

Esskultur

Vier Gewinner und ein zweiter Platz. Das gab es noch nie bei „Mein Lokal, dein Lokal". Aber haben wirklich alle gewonnen? Von Viktoria Hausmann

Geballte Gourmet-Power: Georg Schröppl, Daniel Schnarr, Muk Röhrl, Thea Nurtsch und Christian Streier traten bei „Mein Lokal, dein Lokal" an.Foto: Röhrl

Regensburg.Eigentlich ist die Geschichte um Muk Röhrl, Daniel Schnarr, Georg Schröppl, Christian Streier und Thea Nurtsch schnell erzählt. Sie nahmen alle an der Sendung „Mein Lokal, dein Lokal" teil. Bei der fünf Gastronom gegeneinander antreten und ihre Lokale gegenseitig bewerten. Am Ende der Woche stand es 41 zu 26. Für die vier Herren. Vier erste Plätze und ein zweiter Platz. Rein rechnerisch gibt es also nur Gewinner. Das fanden die vier Meisterköche auch und beschlossen sich, mit der einzigen Dame in der Runde zusammenzutun und in Zukunft bei gemeinsamen Menüabenden zu fünft den Kochlöffel zu schwingen. „Wir freuen uns riesig. Das ist eine gute Werbung für uns alle", sagt Muk Röhrl vom gleichnamigen ältesten Wirtshaus der Welt. Der Gastwirt in elfter Generation hat in seinem hauseigenen Museum sogar ein Eckchen für den Besuch von „Mein Lokal, dein Lokal" freigemacht.

Mein Lokal, dein Lokal:

Die Sendung läuft seit 2013 auf Kabel Eins. Bei der Sendung treten fünf Gastronomen aus einer Stadt gegeneinander an und bewerten sich gegenseitig. Am Ende kommen die Punkte von Profikoch Mike Süsser hinzu.

Preis:

Der Sieger bekommt einen goldenen Teller und 3000 Euro Preisgeld. Die Regensburger Köche mussten ihres durch vier teilen.

Lange Drehs und Müdigkeit

„Man fühlt sich am Anfang überfordert, weil man nicht weiß, was ist", sagt Muk Röhrl. Er war gleich am Montag dran und musste sich erstmal an eine Woche voller 15- bis 17-stündiger Drehtage gewöhnen. Das war auch für den Traditionswirt, der bei seinen Öffnungszeiten „bis der Letzte geht" stehen muss, etwas Neues. „Die Drehs sind extrem anstrengend", erinnert sich Daniel Schnarr von Buddies Burgerbar: „Besonders der eigene Drehtag ist noch etwas extremer. Am ersten Tag muss man sich erstmal dran gewöhnen. Am vierten oder fünften Tag weißt du schon, wo die Kamera steht. Du bist dann einfach nur total müde." Bis zum Drehbeginn wurden die anderen Teilnehmer geheim gehalten, damit der Wettbewerb nicht verfälscht wird. Muk Röhrl kannte lediglich Burgerbrater Daniel Schnarr davor schon persönlich. Großer Unbekannter in der Runde war Christian Streier, als dienstjüngster Koch. „Ich bin erst seit einem halben Jahr in der Schlosswirtschaft und habe noch dazu einen neuen Nachnamen, weil ich geheiratet habe", erklärt Streier lachend: „Da mitzumachen war zwar recht aufwendig, aber es hat sich total gelohnt. Schon allein, weil ich die anderen kennengelernt habe." Den ersten Platz mit gleich drei erfahrenen Köchen zu teilen, ist für den Wahlheitzenhofener eine große Ehre. „Ich hätte nie gedacht, dass sowas möglich ist. Mein Favorit war eigentlich Herr Schröppl vom Rosarium. Der hat ein großes Repertoire und war schon überall. Und Herr Röhrl, natürlich." Geholfen hat ihm wahrscheinlich der Freitag, scherzt Streier: „Ich hätte nicht gerne Erster sein wollen. Man lernt sich über die Woche besser kennen und kann alle einschätzen, das ist der Vorteil, wenn man Letzter ist." Die gemeinsamen Kochabende fortzusetzen, war da ein logischer Schluss: „Die Idee wurde spontan geboren, als wir abends beim Dreh zusammensaßen", sagte Georg Schröppl vom Rosarium: „Wir sind ein gutes Team und es wäre schade, dass Abreißen zu lassen." Gekocht wird im Wechsel in einer der fünf Gaststätten. Es gibt ein gemeinsames, sorgfältig abgestimmtes Menü, bei dem der Gastgeber den Hauptgang stellt.

Lesen Sie hier eine Geschichte über den Dreh Vier Teller und ein Shitstorm Zu Gast im ältesten Wirtshaus der Welt: Die Teilnehmer an Tag Eins.Foto: Röhrl

Eigentlich ein sagenhafter Erfolg für die Teilnehmer, die Sendung und die Stadt Regensburg nebst Umland. Wäre da nicht die Geschichte von Thea Nurtsch. Sie bekam neben dem „Letzten Platz" auch noch einen Shitstorm ab. Fans der Sendung schrieben teils frauenfeindliche Beleidigungen unter die Videos. Zogen teilweise anonym über die gelernte Bürokauffrau her, beleidigten das Lokal San Daniele massiv und freuten sich über die vielen Negativkommentare. Nurtsch brach zusammen: „Ich habe zwei Tage nur geweint", sagte die 56-jährige Witwe gegenüber der MZ: „Durch die Sendung komme ich mir vor wie der Arsch der Nation. Die haben mich komplett falsch dargestellt." Vor zwei Jahren verlor sie ihren Mann und Geschäftspartner Silvano, der mit ihr zusammen das Restaurant eröffnet hatte. Seitdem möchte sie dort nichts mehr verändern. Auch wenn sich Gäste und Kollegen über den Neunziger-Jahre-Look wundern. Im Fernsehen kommt diese Geschichte nicht vor, dafür aber sämtliche „Nörgel-Attacken" der Regensburgerin, die auch ihren Mitstreitern noch präsent sind: „Wir wollten nicht, dass die Sache mit dem Brett reinkommt, aber das konnten wir nicht entscheiden", sagte Schnarr. Da die Sendung nicht gescriptet ist, nimmt sie auch Fehler mit rein. Aufnahmeleiter Mark Fröder erinnert sich an die Missverständnisse: „Wir können und wollen Leute nicht anders darstellen, als sie sind. Daran haben wir kein Interesse. Es ist nun mal so, dass man nur das zeigen kann, was man gefilmt hat." Auch Kabel Eins äußert sich dazu Folgendemaßen: „‚Mein Lokal, Dein Lokal' ist ein fairer Wettkampf zwischen Gastronomen, bei dem es Gewinner und Verlierer gibt." Ihre Kollegen wollen trotzdem mit ihr kochen. Alle vier schildern sie als angenehm. Georg Schröppl hält nichts von den Shitstormern: „Ich finde sowas unnötig, weil es wahnsinnig unfair ist. Wir alle machen mal Fehler. Das muss man nicht so ausschlachten." Er möchte Thea Nurtsch helfen. Hat angeboten ihr Tipps für Erneuerungen zu geben. Ob sie künftig beim Menüabend mit kocht, weiß sie allerdings noch nicht.

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