Die FARC-Guerilla und die kolumbianische Regierung haben Frieden
geschlossen. Seither stellt sich die Gruppe neu auf: Auf einem
fünftägigen Event mit Konzerten wurden Name und Logo neu definiert.
Von Viktor Coco · 04.09.2017
Das Konzert auf dem symbolträchtigen Bolivar-Platz
im politischen und administrativen Herzen des Landes ist hochkarätig und
vor allem sehr divers besetzt. Möglichst viele Kolumbianer sollten sich
begeistern und an der Präsentation der neuen politischen Kraft der
ehemaligen FARC-Guerilla teilnehmen. Aus Italien ist die legendäre
Ska-Punk-Band Banda Bassotti angereist. Für ihren Sänger Gian Paolo
Picchiami ist ihr Kolumbien-Debüt etwas außergewöhnliches, dennoch ist
er sich des Fokus der Veranstaltung bewusst.
„Das Konzert ist natürlich für die Band ein
besonderer Auftritt und für uns persönlich ist es eine große Freude hier
dabei zu sein. Viel wichtiger ist aber, dass die FARC auf dem Platz
ist, um weiter für den Frieden zu kämpfen.“
Bei ihrem Auftritt am Nachmittag brennt die Sonne
über Bogotá und Banda Bassotti versucht mit sozialistischen Klassikern
das Publikum für sich zu gewinnen.
Aber auf der Plaza werden die Pogo-tanzenden
Großstadt-Punks von den anwesenden Ex-Guerilleros eher skeptisch beäugt.
Sie haben heute ihre eigenen Idole, wie den Schlagersänger Jhonny
Rivera oder die Rebeldes del Sur, die Rebellen aus dem Süden, eine
FARC-interne BigBand, die sich früher bei kleinen Auftritten in den
versteckten Dschungel-Camps präsentierte.
Ihre Songs im Stil kolumbianischer Volksmusik haben
meist politische Texte, wenngleich die neuen Stücke nicht mehr
aggressiv die Revolution, sondern nun den Frieden besingen.
Manchmal ideologischer
Ein Nachwuchsmusiker aus den eigenen Reihen der
FARC ist der 28-jährige Rapper Blacksteban. Er war einer der 1200
Delegierten auf dem Gründungskongress der neuen Partei, auf dem es auch
ein Rahmenprogramm gab, wie er erzählt.
„Jeden Abend gab es eine Kulturveranstaltung
von Künstlern aus unseren eigenen Reihen. Denn wir sind nicht nur
Kämpfer gewesen, sondern bei uns herrscht seit jeher die Musik, Kultur
und Freude.“
Innerhalb der FARC-Einheiten wurden immer auch
Konzerte und Tanzveranstaltungen organisiert. Mal mehr, mal weniger
ideologisch aufgeladen.
Blacksteban spricht in seinen Texten über die Liebe – besingt aber auch mal den ‚Máximo Lider‘ Fidel Castro. Sein Lieblingsstück ist allerdings „Reconciliación“ – Versöhnung.
Blacksteban spricht in seinen Texten über die Liebe – besingt aber auch mal den ‚Máximo Lider‘ Fidel Castro. Sein Lieblingsstück ist allerdings „Reconciliación“ – Versöhnung.
Rappen gegen Hass
Er rappt gegen den Hass und für die Liebe innerhalb
der kolumbianischen Bevölkerung. Er betont aber, dass die FARC sich als
politische Partei neu positioniert und sicherlich nicht am Ende ihres
Strebens ist.
„Viele hier in Kolumbien und auf der Welt
denken, dass weil wir die Waffen niedergelegt haben, seien wir keine
Kämpfer mehr. Aber wir kämpfen immer noch und lösen uns nicht auf,
sondern schließen uns neu zusammen, um das Land nach unseren Idealen
aufzubauen.“
Hier will Blacksteban dabei sein und die Bedeutung der Musik weiter ausbauen.
„Jetzt findet der Kampf mit Wörtern statt. Im Theater und in der Musik.“
Der Bolivar-Platz füllt sich am Abend. Gleich wird
Ky-Mani Marley, den Hit seines Vaters „One Love“ singen. Die Stimmung
ist ausgelassen und das Publikum mittlerweile bunt gemischt.
„Also ich bin hier, um ein politisches Statement abzugeben.“
...sagt die 32-jährige Bogotanerin Robby.
„Natürlich, die Musik gefällt mir auch. Aber
für mich ist es noch wichtiger, in einem anderen Kontext, in diesem
kulturellen Rahmen, den Versöhnungsprozess zu begleiten.“
Mitreißende Folklore
Nach dem einzigen politischen Programmpunkt, der
Rede von Anführer Rodrigo Londoño, gipfelt das Konzert in dem Auftritt
der kolumbianischen Sängerin Totó La Momposina. Mit ihrer mitreißenden
Folklore kann sich der Großteil des Publikums identifizieren.
Während das legendäre Salsa-Orchester Aragón aus
dem sozialistischen Mutterland Kuba unüberhörbar für Tanzmusik am Abend
sorgt, sieht FARC-Funktionär und Sprecher der Friedensverhandlungen
Jorge Torres alias „Pablo Catatumbo“ die Veranstaltung vor dem
Nationalkongress als Erfolg der FARC.
„Natürlich ist es ein Sieg. Was wir nicht mit
den Waffen erreicht haben – denn wir haben immer davon geträumt, hier
bewaffnet und triumphierenden aufzulaufen – haben wir über den
politischen Weg geschafft!“
Die Waffen sind für die FARC endgültig
Vergangenheit. Jetzt geht es für die neue Partei um demokratischen
Stimmenfang. Pablo Catatumbo hofft dabei auch auf musikalische
Unterstützer.
„Kunst und Kultur waren nie auf der Seite des
Krieges und wir hoffen, dass alle kolumbianischen Künstler den Frieden
unterstützen und diese neue Bewegung für ein neues Kolumbien
unterstützen.“
Quelle: www.deutschlandfunkkultur.de
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