Laufen ist in Schweden wie in kaum einem anderen Land in Europa beliebt. In die Frühlingssaison, in der zahlreiche Menschen in Neonshirts und eng anliegenden Hosen unterwegs sind, fällt auch ein besonders schwedischer Frauenlauf.
Montagabend in Stockholm, es hat etwas von Festival. Essensstände, Besucher, Musik. Doch es ist eine Laufveranstaltung, der Vårruset, den in ganz Schweden mehr als 100.000 Frauen laufen. Ein Fünf-Kilometer-Lauf, der nacheinander in 17 schwedischen Städten stattfindet. In Stockholm an diesem Abend sind es rund 13.000, am nächsten Abend werden es wohl noch einmal so viele sein. Aber warum soll man da mitmachen?
„Es ist wie ein Volksfest, es ist lustig."
„Weil es Spaß macht!"
Frauen sollten nicht im Hintergrund bleibenDen Vårruset gibt es bereits seit 1989. Die Serie beginnt Anfang Mai in Malmö und endet Anfang Juni in Östersund. Die Idee für den Vårruset kommt eigentlich vom Tjejmilen, der auch ein Lauf für Frauen ist, den es aber nur in Stockholm gibt.
„Frauen waren immer im Hintergrund bei gemischten Läufen. Da lag der Gedanke nahe, dass die Frauen einen kleinen Boost bekommen, in dem sie ihren eigenen Lauf kriegen. Und jetzt gibt es einige eigene Läufe für Frauen. Und sie wollen sie auch behalten."
Kristina Rosenberg ist die Sprecherin des Vårruset. Aber wieso sind so viele Frauen am Start?
„Es gibt wirklich einen Laufboom. Erstens glaube ich, dass mehr an ihre Gesundheit denken und trainieren wollen. Es ist außerdem so unerhört einfach zu laufen. Es heißt immer, man braucht nur ein paar Schuhe. Aber so ist es ja wirklich! Es ist einfach zu laufen. Und Laufen wird immer sozialer. Es gibt viele Trainingsgruppen, die die Leute locken, es ist populär zusammen zu laufen und zu reden. Anstatt zusammen Kaffee zu trinken, läuft man eine Runde."
Kein ZeitdruckWie schnell man ist, ist beim Vårruset zweitrangig. Zwar wird bei zwei Startgruppen die Zeit sekundengenau gemessen und unter ihnen sind auch schnelle Läuferinnen. Die meisten joggen in mittelschnellem Tempo. Bei anderen ist es eher ein Spaziergang schnelleren Schrittes, manchmal gar mit Rucksack oder Kinderwagen - jede läuft nach ihrem Takt.
„Vårruset ist für alle Frauen."
Eine schöne Sache, die man mit Freundinnen macht, das sei das Vårruset-Feeling, sagt Rosenberg. Was ein bisschen klingt wie eine Werbeplattitüde, scheint sich aber beim Aufwärmen zum Lauf zu bestätigen. Unter Anleitung von Coaches machen 13.000 Frauen gemeinsam Kniebeugen und Dehnübungen - ein bunter Knäuel von Läuferinnen, angefeuert von der bekannten Fitnesstrainerin Blossom Tainton.
Beim Start zieht sich jede Gruppe wie eine Ziehharmonika auseinander, die schnellen vorne weg, die langsameren im Spazierschritt hinterher. Bis die siebte und letzte Gruppe gestartet ist, sind die ersten längst im Ziel.
Nach dem Lauf picknicken die Teilnehmerinnen noch in ihren Laufgruppen.
Kein Lauf wie andereMarie läuft drei- bis viermal die Woche und tritt meistens bei Zehnkilometerläufen an. Der Vårruset ist anders als andere Läufe, sagt sie.
„Weil wir danach picknicken, weil es nur Mädels sind, die laufen, das ist lustig. Und der Fokus ist nicht so sehr auf guten Zeiten, sondern eher darauf, einen schönen Abend zu haben."
Maria gehört zu denjenigen, die sonst nicht regelmäßig trainieren.
„Ich laufe sonst nicht. Ich fahre mit dem Rad zur Arbeit, das ist meine einzige Bewegung. Ich habe zwei kleine Kinder. Aber es ist toll, weil man bei dem Lauf den eigenen Körper kennen lernt."
Besondere KraftUnd das Besondere am Vårruset?
„Es ist herrlich. Man fühlt, dass man Energie und Kraft hat. Es ist schön, Freunde zu treffen. Girl Power."
Für Nina ist es schon das fünfte Mal, dass sie beim Vårruset antritt. Sie findet es gut, dass alle dabei sein können, und dabei noch etwas für ihre Gesundheit tun.
„Krass, wie viel Kraft es ausstrahlt, das gemeinsam zu machen. Das ist zwar auch bei gemischten Läufen so. Aber es ist toll, dass Frauen das auch können."
Das Rennen gewann übrigens Elisabet Högerberg mit 18:42 Minuten. Aber wenn es nach dem Credo der Veranstalter geht, sind alle, die mitmachen, Gewinnerinnen, unabhängig von ihrer Zeit.