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Homosexuelle bei Olympia: IOC verbietet Sportlern Proteste zum eigenen Schutz

Das Anti-Homosexuellen-Gesetz in Russland wird nicht für Olympioniken gelten, das versichert das IOC. Gleichzeitig droht es Athleten auszuschließen, die sich dazu äußern.

Das Internationale Olympische Komitee ( IOC) droht an, Sportler von den Spielen auszuschließen, die während der Winterspiele in Sotschi im Februar 2014 für die Rechte Homosexueller demonstrieren. Das sei keine Sanktion, sondern ein Mittel, um Athleten zu schützen, die sich sonst zu einer politischen Aussage gezwungen fühlen könnten. Dies teilte die IOC-Sprecherin Sandrine Tonge am Donnerstagabend mit.

Proteste oder Demonstrationen in Bezug auf das Ende Juni unterzeichnete Gesetz gegen "Homosexuellen-Propaganda" werde das IOC nicht akzeptieren.

Was genau das IOC unter Strafe stellen wird - das Tragen von Ansteckern mit Regenbogenflaggen, Händchenhalten oder Küsse von gleichgeschlechtlichen Paaren -, wollte Tonge nicht präzisieren. Diese Fragen seien zum jetzigen Zeitpunkt hypothetisch, über potentielle Szenarien wolle man nicht spekulieren. Während der Spiele werde jeder Fall individuell dahingehend untersucht, was Sportler tun oder sagen.

Das IOC beruft sich auf Paragraf 50 der Olympischen Charta. Der besagt, dass jede Demonstration "politischer, religiöser oder rassenbezogener Propaganda an den olympischen Stätten, Austragungsorten oder anderen Bereichen" untersagt ist.

Russische Regierung und IOC im Widerspruch

Gleichzeitig wolle das IOC daran arbeiten, dass die Spiele für alle offen sind, unabhängig von Herkunft, Geschlecht und sexueller Orientierung. Tonge teilte mit, das IOC habe von hochrangiger Seite der russischen Regierung versichert bekommen, dass die Gesetzgebung nicht diejenigen betreffe, die an den Olympischen Spielen teilnehmen oder ihnen beiwohnen.

Ähnliches hat das IOC bereits Ende Juli erklärt. In der Zwischenzeit hat Russlands Sportminister Vitali Mutko jedoch bestätigt, dass das Verbot von "Homosexuellen-Propaganda" auch während der Spiele gelte. Es verbiete zwar niemand homosexuellen Sportlern, nach Sotschi zu kommen. "Falls sie aber auf die Straße gehen und Propaganda betreiben, müssen sie sich vor dem Gesetz verantworten", sagte Mutko.

Für das umstrittene Anti-Homosexuellen-Gesetz sprach sich während der Leichtathletik-WM in Moskau auch die russische Stabhochsprung-Weltmeisterin Issinbajewa aus. Issinbajewa kritisierte eine Protestaktion schwedischer Leichtathletinnen: "Es ist nicht respektvoll gegenüber unserem Land und unseren Menschen", sagte die 31-Jährige am Donnerstag, einen Tag nach ihrem dritten WM-Titelgewinn. "Wir sind Russen, wir sind vielleicht anders als die Europäer, aber wir setzen unsere Regeln nicht über ihre." Die schwedische Hochspringerin Emma Green Tregaro und 200-Meter-Sprinterin Moa Hjelmer waren in den Qualifikationsrunden der WM mit in Regenbogenfarben lackierten Fingernägeln an den Start gegangen.

Konstantin Yablotskyi, Vorsitzender des Sportverbandes für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle in Russland (LGBT Sports Federation), kritisierte das Gesetz. In einem Gastbeitrag für ZEIT ONLINE schreibt er: "Ich finde diese Politik falsch, denn Sport soll Menschen stärker machen und vereinen. Seit Putins Gesetze gegen Homosexuellen-Propaganda gelten, können wir LGBT-Sportler keine öffentlichen Veranstaltungen mehr austragen, die zum Beispiel mit Regenbogenflaggen auf unsere sexuelle Orientierung schließen lassen. Viele Homosexuelle haben Angst, verhaftet zu werden. Immer mehr mehr Leute in Russland verbergen ihre sexuelle Orientierung. Das Image der Homosexuellen wird durch diese Regierung schlechter. Stalin und die Nazis haben Juden diffamiert. So ähnlich geht es uns gerade."

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