Seit Jahren steht die Debatte über Geflüchtete in Europa ungelöst im Raum, dabei nimmt die Dringlichkeit nicht ab. Regelmäßig erreichen unzählige Menschen Lampedusa auf Booten, viele ertrinken im Mittelmeer. Italien stößt auf taube Ohren bei der EU, wenn es die Staaten bittet, Geflüchtete aus den überfüllten Lagern aufzunehmen. Währenddessen sagt Lega-Chef Matteo Salvini, in seiner Popularität ungebrochen, dass Italien der Touristen zwar bedürfe, aber nicht jener, die von Bord gehen und Probleme bringen. Er äußert dies als Reaktion auf die Bilder von Kinderleichen, die das Meer an die Küsten Libyen spült und die von NGOs veröffentlicht wurden. In sozialen Medien wird er für derartige Aussagen beklatscht.
Der verrohte Gesprächston beim Thema Migration war und ist jedoch kein genuin italienisches Phänomen. Rechtspopulistische Parteien in ganz Europa bedienen dieselben Narrative, wenn sie Stimmung gegen Geflüchtete machen und damit auf Wählerfang gehen. Darin werden Migranten und Migrantinnen zur kulturellen und ökonomischen Bedrohung für das eigene Land stilisiert - eine Argumentationslinie, die die Politologin Emilia Zenzile Roig auf ihre Ursprünge und Hintergründe hin untersucht hat.
In Berlin forscht Roig zu Rassismus, Diskriminierung und Intersektionalität und leitet seit 2017 das Center for Intersectional Justice, das sie auch mitgegründet hat. Im Gespräch stellt sie Verbindungen zwischen dem Umgang mit Geflüchteten und rassistischen sowie kolonialen Denkmustern her und erklärt, weshalb der Begriff Ausländerfeindlichkeit den Diskurs verwischt und inwiefern das mediale Bild des sexuell zügellosen Arabers in einer kolonialistischen Tradition steht.