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RAPANDBLUES Autorencharts: Vanessa's Tops und Flops 2018

Das ging ja wieder fix! 2018 ist fast vorbei – Zeit also, einen musikalischen Rückblick zu wagen. Dementsprechend stellen wir in den kommenden Tagen unsere Tops und Flops 2018 vor. Den Anfang macht heute RAB-Autorin Vanessa.


01. „Nachts im Thälmannpark" - Ecke Prenz
Der erste Track des Beat-Albums von Ecke Prenz beginnt mit dem warmen Knistern einer Vinylscheibe und schon macht sich bei mir ein Gefühl von Entspannung breit. Die LP ist allerdings keine nostalgische Boombap-Platte, sondern ein Querschnitt durch mehrere Genres, die im Gesamtbild so unfassbar stimmig klingen, dass man sie nur gut finden kann.

In Kombination mit dem wunderschönen Cover von Elsa Klever bleiben keine Wünsche offen. Breaque und V.Raeter begleiteten mich musikalisch für den Rest des Jahres beim Gestalten, Lesen und auf dem Weg von der Party nach hause, ohne mich auch nur einmal zu langweilen.

02. „Wheater Or Not" - Evidence
Evidence
- der Typ, der zu viele Wetter-Vergleiche macht, hat dieses Jahr eines der schönsten Alben herausgebracht. Immer wenn ich nicht wusste, was ich hören soll, habe ich „Wheater Or Not" angemacht. Das Album ist voller schöner Vergleiche, guten Samples, Scrachtes und warmen melancholischen Boombap-Sounds, ohne verstaubt zu wirken. Egal wie oft man es hört, es wird nicht langweilig. „Wheater Or Not" ist zeitlos.

03. „Tones" - Teesy
Teesy
hat sich mit „Glücksrezepte" und „Wünsch dir was" in die Herzen vieler gesungen, aber die Themen Liebe und Liebeskummer waren dann irgendwann mal ausgeschöpft. Mit „Tones" beweist Teesy, wie sehr er sich weiterentwickelt hat. Er stellt noch einmal deutlich unter Beweis, dass er auch mehr als gut rappen kann und hat dabei den Soul in der Stimme nicht verloren. Es wird deutlich, wie sehr Teesy in der Musik aufgeht.

Bei der ersten Hälfte des Albums kann man nicht stillsitzen, denn Teesy sorgt für jede Menge gute Laune. In der zweiten Hälfte wird es dann etwas ruhiger und deeper. Hier wurden bei mir definitiv Wunde Punkte erreicht und man merkt, dass da noch mehr als Girls und Party in ihm vorgeht. Das Album deckt jegliche Stimmung des Lebens ab und ist somit ein rundes Release für jede Gelegenheit.

04. „1996" - Shuko
2018 war für mich das Jahr der Beat-Alben und Shuko ist mit „1996" die Hommage an die Golden Era auf jeden Fall gelungen. Es ist ein musikalischer Throwback vom Feinsten. Boombap, unverstaubter Nostalgie-Vibe und ein warmes Gefühl im Bauch sind hier auf jeden Fall sicher. Von Funk, über Soul, guter Laune und Melancholie ist alles dabei und das macht dieses Beat-Album im Gesamtbild so schön.

05. „Playlist 01" - Dissy
Dissy
ist ein Fan von Kontrasten. Das macht sein Album „Playlist 01" mehr als deutlich. Harte Sounds, schöne Hooks (gesungen von Clueso), eine Hommage an Blumentopf sowie Videos, die den gerappten Parts widersprechen: All das macht das Album so interessant. Man muss zuhören und hat keine Modus Mio-Hook, die man nach einmal hören sofort mitsingen kann.


Mit jedem Hören entdeckt man einen weiteren verwickelten Kontrast, der im Gesamtbild aber stimmig wirkt. Ich bin gespannt, ob Dissy dieser spannenden Arbeitsweise treu bleibt oder ob er nächstes Jahr einen „Copy & Paste-Shit-Welthit" macht.

06. „Crescendo" - Schatten & Helden
Nach unzähligen Cover-Songs erschien 2015 mit „hgwrts" die Debütsingle von Schatten und Helden. Doch dann blieb es die letzten Jahre relativ still um die Künstler. Zum Glück hat sich das 2018 geändert, denn dieses Jahr kam das Debütalbum des Duos.

So sehr sich die beiden auch hinter ihren Masken verstecken, so persönlich und tief lassen die 12 Tracks in die Gefühlswelt der Sängerin blicken. Kurz gesagt: Es ist eines dieser Alben, die man sich aufmerksam anhören und fühlen sollte. Man hört die Schmerzen, Emotionen und die Leidenschaft in der Stimme zu 100%. Ich habe mich in vielen Worten wiedergefunden. Jede Zeile ist aber reflektierend genug, dass man nie das Gefühl von Gejammer hat.

07. „Everything is always a process" - Bluestaeb
Kein Album hat mich dieses Jahr so entspannt wie die LP von Bluestaeb. Die verschiedenen Styles verschmelzen zu einem warmklingenden Gesamtbild. Gepaart mit schönen Features von Noah Slee, Ash Shakur, Harleighblu, MAÏA, Pete Flux, Melodiesinfonie und S.Fidelity ist es ein schönes, rundes Album geworden. Leider sind viele Songs auf der LP sehr kurz geworden.

08. „Gift" - Eunique
Bereits letztes Jahr kam man als Deutschrap-Fan nicht an Eunique vorbei. Ein Jeder feierte sie und dieses Jahr legte sie mit ihrem Album und der Realityshow auf YouTube noch eins drauf. Das Album ist Empowerment pur, gepaart mit ehrlichen Emotionen und einigen tanzbaren Hits.

Ich glaube, dass sie vielen jungen Frauen mit dem Album einiges an Selbstbewusstsein mitgegeben hat. Sie singt und rappt auf „Gift" wie besessen und zeigt so ihr komplettes Spektrum des musikalischen Könnens. Dank der Live-Sessions spürt man auch die Leidenschaft viel mehr als teilweise auf den highend ausproduzierten Tracks. Auf die Frage „Wer ist so nice?" gab es nur die Antwort: Eunique.

09. „Alles Liebe (Nach dem Ende des Kampfes)" - Chefket
Mit „Aufstehen" hat Chefket genau meinen wunden Punkt getroffen. Denn die Frage „Wie mach ich nur das was ich Liebe und damit Geld?" habe ich mir dieses Jahr oft gestellt, aber bisher noch keine Antwort gefunden. Der Rest des Albums hat mich anfangs nicht so gecatcht, aber spätestens bei der Tour habe ich gemerkt, wie sehr man die Tracks fühlen kann und bin seitdem überzeugt. Jetzt läuft das Album wirklich oft bei mir und langweilte mich kein einziges Mal.

10. „Mind of Colt" - Kelvyn Colt
Kelvyn Colt versteht es sehr gut, Tracks zu machen, die viele Menschen mit unterschiedlichen Ansprüche abholt. Zum einen jene, die viel Wert auf einen modernen, sauberen Sound legen und zum anderen Menschen wie mich, die Texte fühlen möchten. Die Kombination daraus macht Kelvyn Colt zu einem Ausnahmekünstler und die EP zu einem der schönsten Releases für mich dieses Jahr.

Flops 2018

01. Schwaches Musikjahr 2018

Das erste Quartal 2019 verspricht mit den Alben von Döll, Yassin, Dendemann, Kool Savas und Tua schon so viel besser zu werden, als das gesamte Rap-Jahr 2018. Deshalb ist es für mich ein riesiger Flop, dass dieses Jahr kein Album so eine Freude bei mir ausgelöst hat wie diese Ankündigungen für 2019.

02. „1982" - Marteria & Casper

Beide Künstler sind unfassbar stark und die Interviews zur Albumpromo haben ihnen vermutlich unzählige Sympathiepunkte gebracht. Doch das Endergebnis hat mich leider nicht überzeugt. Es war kein Track dabei, der mich wirklich gecatcht hat. Es klingt vielmehr nach einer LP, die nur darauf ausgelegt ist, live zu funktionieren und nicht auf CD zuhause. Das war nach all der Promo, dann leider doch eine Enttäuschung.

03. Der ModusMio-Trend
Dieses Jahr wurde so viel über die ModusMio-Playlist diskutiert, wie sonst über keinen einzigen Künstler, der darin stattfand. Viele Künstler haben dadurch den Anspruch einen ModusMio-würdigen Hit zu machen - am besten wöchentlich. Dadurch verliert sich meiner Meinung nach der künstlerische Ansprüch und es wird zu einem Einheitsbrei, bei dem man nicht merkt, ob man noch Track 1 oder schon Track 5 hört.

04. Kollegah, Farid Bang und der Feuilleton
Die antisemitischen Aussagen von Farid Bang und Kollegah wurden zurecht kritisiert und verurteilt, aber sie alleine für die Abschaffung des Echos verantwortlich zu machen und das über Wochen in den Medien zu verbreiten, ging dann vermutlich nicht nur mir sehr auf die Nerven.

Rapfremde Journalisten gaben sich als Rap-Spezialisten aus und scheiterten schon daran, den richtigen Rapper zu zitieren. Außerdem wurde oftmals die komplette Rapszene in den Antisemtismus-Topf geschmissen, was wieder Rap als Sündenbock darstellt und der Mainstream unwissend zustimmend nickt.

05. Boulevard: Gina Lisa

Zum Ende des Jahres bringt Gina-Lisa einen Song raus und alle reden darüber, dass das ein Rapsong ist. Dabei hat das für mich nichts mit Rap zu tun, doch es wird überall als Raptrack betitelt. Es scheint, als möchte Gina-Lisa auch im Rap-Business mitspielen. Es ist ein Pop-Song mit einem 0815-Beat, den man am liebsten nicht gehört hätte.

Musik-Moment des Jahres

Schon seit Jahren nahm ich mir vor, aufs „splash!" Festival zu gehen. Ich hatte oft schon Karten gekauft, die ich dann wieder verkaufen musste, da ich aus familiären oder beruflichen Gründen doch nicht hin konnte. Doch dieses Jahr war ich dann das erste Mal auf dem „splash!" (Recap) - sogar mit Presse- und Fotoakkreditierung.


Das Line Up war so breit gefächert und abwechslungsreich, dass ich teilweise gar nicht wusste, welchen Auftritt ich mir zuerst angucken soll. Außerdem hatte ich bei meinem ersten „splash!" so viel Glück mit dem Wetter und musste mir keine Sorgen machen, dass meine Kamera nass wird. Nach den Festivaltagen war meine Festplatte voller Fotos von unzähligen Auftritten und mein HipHop-Herz voller schöner Momente, Dankbarkeit und Liebe. Genau dieses Gefühl kommt auch wieder auf, wenn ich mir die Bilder davon angucke.

Mein persönliches Highlight war der Auftritt von J.Cole und ich weiß noch, wie ich mir dachte „Wie absurd ist es eigentlich, dass du hier stehst, das erlebst und Fotos machen darfst." - vor allem wenn ich bedenke, dass ich letztes Jahr im Dezember mein erstes Konzert fotografiert habe.

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