1 Abo und 1 Abonnent
Artikel

Fünf Unterschätzte Deutschrap-Alben der 2000er Jahre (Teil 1)

Aus heutiger Sicht kaum vorstellbar, doch bis vor wenigen Jahren gab es noch eine Zeit, da steckte Deutschrap in einer kommerziellen Sinnkrise. Bis sich deutscher Hip-Hop durch Labels wie Aggro Berlin, Ersguterjunge und Selfmade Records in den Charts festbeißen konnte, flog die Szene weitgehend unter dem Radar der ganz großen Aufmerksamkeit.

Mitte der 2000er Jahre waren schnelle Hypes durch Social Media noch nicht so stark verbreitet und Vorschusslorbeeren anderer Rap-Kollegen eher die Ausnahme. Dementsprechend gab es zu diesem Zeitpunkt einige interessante Releases, die an vielen Rap-Fans vorbeigingen, obwohl es sich durchaus lohnt, einen genaueren Blick darauf zu werfen.


In dieser losen Serie werfen die RAB-Autoren Vanessa und Gilbert einen Blick auf unterschätzte Deutschrap-Alben der 2000er Jahre, die noch vor dem großen Boom erschienen und unter dem Radar der ganz großen Öffentlichkeit blieben. Die Auswahl der Releases ist natürlich komplett subjektiv und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Den Anfang macht heute Vanessa.

Tua - „Nacht" (2005)
Tua ist für mich auch heute noch underrated. Dabei gibt es nur wenige Künstler, die auf einem so hohen Level musikalisch agieren und Inhalte transportieren können. Tua's Album „Grau" (2009) könnte man auch in eine Auswahl unterschätzter Releases aufnehmen, fällt aber ein wenig aus dem Rahmen, da es wohl sein bekanntestes Release ist. Beim „Nacht" hingegen (Free Download) ist es anderes: „Nacht" ist Tua's erstes Release und ging in der Wahrnehmung unter. Zu der Zeit war der Orsons Rapper und Producer schon selbstreflektiert und verstand den damaligen Gangster-Hype nicht. Dies machte sich auch in einem gewissen Frust in seiner Art zu rappen bemerkbar. Tua ist ein Ausnahmekünstler, der schon mit seinem ersten Release stärker war, als andere Newcomer. Der Track „Neid" klingt für mich inhaltlich wie der Vorreiter von Haftbefehl's „Ich nehm dir alles weg".


Maeckes & Plan B - „Als wären wir Freunde" (2007)

Ich kann meine Stuttgarter Wurzeln nicht verleugnen, es ist daher so etwas wie ein Naturgesetz, dass ich mich mit Maeckes und Plan B auseinandergesetzt habe. Während Maeckes auf seinem vorherigen Album „Kunst Über Vernunft" (2008) zusammen mit Celina ein musikalisches Traumpaar bildet, ist er mit Plan B auf „Als wären wir Freunde" (2007) so etwas wie „Bilderbuch-Beste-Freunde". Die beiden Stuttgarter wechseln zwischen nachdenklichen, selbstreflektierten, kritischen und humorvollen Tönen als wäre es das selbstverständlichste der Welt. Genau das ist der beste Beweis ihres wahren Könnens und Talents. Auch nach zehn Jahren bin ich noch immer fasziniert davon, wie vielfältig die beiden klingen. „Als wären wir Freunde" liefert für jede Stimmung den passenden Sound. Schon damals verbargen sich hinter den Titeln andere Songs als erwartet. Auch Kool Savas hat es sich auf „Outtakes" nicht nehmen lassen, einen Part beizusteuern.


Damion Davis - „Querfeldein" (2013)

Damion Davis ist aus Berliner Sicht wohl so etwas wie ein Urgestein des Deutschraps. Freestyle, Battlerap, normale Songs - der Typ kann alles. Egal ob er rappt oder singt. Auf dem Album „Querfeldein" nimmt er uns mit in seine Galerie. Er zeigt Stories aus seinem Leben und Umfeld und versteht es, mit Worten umzugehen. Damion Davis ist definitiv gesellschaftskritisch und Berliner durch und durch.


Franky Kubrick - „Dramaking" (2008)

Entspannte Sommertage in Stuttgart verbinde ich immer mit Franky Kubrick. Wenn Amaris bei dem Track „Wenn ich geh" anfängt zu rappen, möchte ich am liebsten die Augen schließen und mir die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Dabei ist der Inhalt des Tracks gar nicht so positiv. Obwohl das Album mit Features von Xavier Naidoo, Fetsum, Olli Banjo, Jonesman und vielen anderen glänzt, lief der kommerzielle Erfolg trotzdem nicht so, wie er es wollte. Dabei ist das Album vielfältig und authentisch. Emotionalität, Flow, Storytelling, Können und der Hunger nach mehr - all das findet man auf „Dramaking".


Sera Finale - „Die nächste Kugel im Lauf" (2007)

Die heimliche Hymne Berlins kommt von Sera Finale: „... denn es ist definitiv der beste Platz auf dem Planeten..." Er repräsentiert Berlin und die dazugehörige Berliner Schnauze in Person. Doch nicht nur die Ego-Schiene wird bedient, Sera Finale kann auch mit Melodien umgehen und hat eine gute Gesangsstimme („Alles so leicht"). Auch Gefühle und sanfte Töne kommen nicht zu kurz. Ganz ehrlich: Viele hätten gerne jemanden, für den sie die „Queen vom Kiez" wären. Sera's Liebesbekundungen sind nicht zu viel, sondern authentisch.

Zum Original