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Rapper Jake B. ist bei Bremern auf Spotify beliebt

Jan Berft ist Bremer und macht als Jake B. Musik. Videos dreht er überwiegend im Ausland - Bremen gebe dafür nicht die richtigen Motive her.

Zwischen Künstlern wie Sido, Kontra K und Capital Bra tauchte 2019 unter den beliebtesten Musikern der Bremer auf Spotify auch der Name Jake B. auf. Was hat es mit dem Musiker aus Bremen auf sich?

Als Jan Berft an einem Tag im Dezember auf sein Handy schaut, hat er mehrere Nachrichten. „WTF", steht dort, und, „Yeah, was geht denn ab Mann!". Darunter sind Screenshots einer Fotostrecke des WESER-KURIER über die meistgestreamten Musiker auf Spotify in Bremen zu sehen. Darin steht zwischen Künstlern wie Sido, Capital Bra, Billie Eilish und Ed Sheeran, auf Platz 16 sein Künstlername: Jake B. Einige Wochen später, bei einem Gespräch in einem Bremer Café, grinst Jan Berft breit und sagt: „Ich fand es richtig cool."

Ein Blick auf den Spotify-Account des 21-Jährigen wirft jedoch Fragen auf. Zehn Lieder sind online verfügbar - als das Ranking veröffentlicht wurde sogar nur drei. Sie handeln von durchtanzten Nächten und Frauen, Euroscheinen und Gefühlen. Sie heißen „Mula" (Geld), „Loco" (verrückt) oder „In der Nacht". Wie also hat er es in 2019 unter die Top 20 geschafft? In ein Ranking mit Weltstars.

Jan Berft, gebürtiger Bremer, veröffentlichte vor fünf Jahren als Jake B. seinen ersten Song. Inzwischen hat er einige weitere Raps geschrieben, produziert sie seit Februar sogar selbst. Einige Beats baue er - er lerne es durch Tutorial-Videos auf Youtube - andere kaufe er auf Plattformen, auf denen unterschiedliche Menschen Taktschläge hochladen, dazu. „Beats zu produzieren, dauert oft mehrere Wochen", sagt Berft, hellbraune Haare, zerrissene Jeans, schwarzer Kapuzenpullover, goldene Uhr. „Im Internet kann ich mir verschiedene Melodien anhören, gucke, welche mich inspirieren und bezahle sie dann einfach per Paypal." Die Musik ist ein Hobby für ihn, das er gerne zum Beruf machen würde. Zunächst aber möchte er Sicherheit, daher studiert er im fünften Semester Medizintechnik in Wilhelmshaven. Alles auf die Musik setzen, ohne Plan B? Das sei ihm zu riskant, erzählt er bei einem Becher heißer Schokolade im Bremer Viertel. An der großen Fensterfront rumpelt eine Straßenbahn vorbei, Radfahrer kreuzen Fußgänger.

Zwei Auftritte in drei Jahren 

Gleich um die Ecke, im Lagerhaus, hätte er im April einen Auftritt gehabt. Den hat er abgesagt. Ebenso wie einen Act auf der Breminale, Konzertanfragen aus der Schweiz und Österreich. „Es passte einfach zeitlich nicht", sagt Berft. Ein Mitarbeiter des Lagerhauses teilt auf Nachfrage mit, von dem geplanten Auftritt sei ihm nichts bekannt gewesen. Folglich auch nicht von einer Absage. Auch die Veranstalter der Breminale haben unter dem Namen Jake B. auf Anhieb nichts in ihren Unterlagen gefunden - allerdings wechselten die Organisatoren auch in den vergangenen Jahren.

Bisher hatte Jake B. zwei Auftritte, beide in Bremen, so viel steht fest: 2019 im Avenue Club, 2017 im Gleis 9. Der Klub hinter dem Überseemuseum ist inzwischen abgerissen, Jan Berfts Erinnerungen an das Konzert sind noch wach. Es sei sehr spontan gewesen, der Veranstalter habe kurzfristig noch einen Künstler gesucht und Berft und sein Kumpel, mit dem er damals noch zusammen arbeitete, sagten zu. Dabei hatten sie zu dem Zeitpunkt kaum Songs, um aufzutreten. „Wir haben in drei Tagen fünf Live-Lieder produziert", sagt Berft. Zufrieden sei er mit ihnen nicht gewesen. „Aber man musste ja irgendetwas performen." Den Termin streichen? Das sei keine Option gewesen. Sein Kumpel habe die Chance unbedingt nutzen wollen und Konzerte seien schließlich wichtig, um gehört zu werden, so Berft.

Bis Oktober hatte Jan Berft auf Spotify ein ganzes Album online, die Lieder wurden jedoch gelöscht. Der Grund: Berft verstieß gegen Urheberrechte. Er verwendete - wie er sagt - unabsichtlich Beats, die er zwar gekauft, für die er aber keine Lizenzen hatte. Zwei Monate später sei alles mit dem Streamingdienst geklärt: Er dürfe alle bis auf drei Lieder erneut uploaden, sagt der 21-Jährige.

Bleibt die Frage, wieso er trotz der wenigen Songs, die verfügbar sind, in den Spotify-Jahrescharts in Bremen auftaucht. Zwischen Stars, die Berft mehrere Alben auf der Streaming-Plattform und Tausende Anhänger in den sozialen Netzwerken voraushaben.

Berft selbst ist in sozialen Netzwerken nicht mehr so aktiv, postet hin und wieder Storys auf Instagram. Im Feed ist seit April nichts passiert. Dennoch folgen ihm 38.100 Menschen. Auch, weil er den Account von 2016 bis 2018 als Influencer nutzte, sagt er. Seit er alle Werbekooperationen mit Nahrungsmittelkonzernen und Hotels aufgegeben und die entsprechenden Posts gelöscht hat, um verstärkt seiner Musik nachzugehen, weiß er nicht mehr so recht, was er posten soll. „Ich habe einen hohen Anspruch, es soll ja auch alles zusammenpassen", sagt er.

Gelöschtes Album zählt in Ranking mit

Sind Follower oder Streams gekauft? Berft sagt nein. „Warum sollte ich das tun? Ich will schließlich, dass die Leute zu Konzerten kommen." Er erklärt sich seine Beliebtheit in Bremen damit, dass er hier viele Leute kenne, häufig Musik in Whatsapp-Gruppen teile und hin und wieder Anzeigen auf Instagram schalte. „Meine Reichweite ist organisch gewachsen."

Spotify teilt auf Nachfrage mit, das Ranking sei „eine kumulierte Zahl aus allen Tracks des Künstlers". Grundsätzlich werde bei Spotify „jeder Track, der circa 30 Sekunden gespielt wird, als Stream gezählt und mit den Rechteinhabern abgerechnet". Somit fließen auch die Aufrufe des gelöschten Albums von Jake B. mit in seinen Jahresrückblick für 2019 ein: 17,5 Millionen Streams. Damit hat er es auf Platz 16 in Bremen geschafft, bundesweit und in Niedersachsen steht sein Name nicht auf der Hitliste.

Für Jan Berft wenig überraschend: Bremen sei halt sein Geburtsort, er sei noch regelmäßig in der Stadt - vor allem in Gröpelingen, wo seine Eltern leben. „Bremen ist Freunde treffen, Familie, Musik, Kultur - einfach alles zusammen", sagt er. Ansonsten zieht es ihn fort. Nach Berlin, London, New York. Seine Geburtstage verbringt er häufig im Ausland, besucht dort Freunde und Familie - auch Musikvideos dreht er lieber in der Ferne.

Wie es nun weiter geht mit ihm und seiner Musik? Jan Berft nimmt einen Schluck seiner heißen Schokolade. Er wolle nun sorgfältiger arbeiten, die Lizenzen behalten, die Rechnungen speichern. „Das habe ich vorher nicht gemacht und hatte dadurch keine Beweise", sagt er. Ansonsten will er erst einmal weitermachen, wie bisher. „Irgendwann kommt ein Hit, und dann wird man groß." Das sagt er bei diesem Gespräch mehrmals.

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