A bis Z Interview mit Vize-Präsident des Deutschen Patentamts
Im Deutschen Marken- und Patentamt wurde der Airbag oder die Spiegelreflexkamera patentiert - Hallo sprach mit dem Herrscher über die Erfindungen.
Von Vanessa Hahn
A nfänge: Ich habe Luft- und Raumfahrttechnik studiert und war 15 Jahre bei der Bundeswehr, unter anderem als Hubschrauberpilot. 1987 fing ich als Patentprüfer in einer Maschinenbauabteilung des Patentamts an - auf Anregung meiner Frau, die mir die Stellenanzeige gezeigt hat.
Bölkow: Der Grünwalder Ludwig Bölkow gilt als „Vater der Luftfahrt" und ist Teil unser Galerie berühmter Erfinder.
Chemie ist ein wichtiger Bereich, in dem wir Erfindungen prüfen. Patentiert werden kann grundsätzlich alles Technische oder Naturwissenschaftliche, vom Alltagsgegenstand bis High Tech.
Ding des Jahres: Erfindershows finden wir gut, weil sie Bewusstsein dafür schaffen, dass man gute Erfindungen schützen lassen sollte. Früher wurde sogar auf die Minute genau vermerkt, wann ein Patent angemeldet wurde. Heute ist die kleinste Messeinheit der Tag.
Erfindung ist nicht gleich Entdeckung - oft werden die Begriffe verwechselt. Patentiert wird nur die Erfindung: also etwas, das bisher in dieser Form nicht da gewesen ist und vom Erfinder neu entwickelt wurde.
Finanzen: Das Patentamt hat 2017 gut 181 Millionen Euro Überschuss an den Bund abgeführt. Soviel wie keine andere Behörde - abgesehen von der Bundesbank.
Gebrauch: Ein Patent schützt nur vor unrechtmäßiger gewerblicher Nutzung - die private Nutzung patentierter Erfindungen ist aber nicht untersagt.
Hauptstadt: München ist die Patenthauptstadt - neben dem Deutschen Patentamt sitzt hier auch das Europäische Patentamt, die Patentanwaltskammer und entsprechende Kanzleien.
Intensiv wird jedes Patent geprüft. Knapp 900 Patentprüfer arbeiten bei uns, 149 Prüfungsverfahren werden durchschnittlich an einem Arbeitstag erledigt. Trotzdem warten noch gut 200 000 Patentanmeldungen auf die weitere Prüfung.
Jagdinstinkt: Bei der Recherche packt einen als Patentprüfer der Jagdinstinkt. Man versucht erst mal nachzuweisen, dass die angemeldete Technik nicht neu ist. Nur wenn es sie wirklich noch nicht gibt und der Stand der Technik wesentlich durch die Erfindung erweitert wird, besteht Anspruch auf ein Patent.
Kosten: Das Patent schützt eine Erfindung für maximal 20 Jahre. Neben der Anmeldegebühr ab 40 Euro für die Patentanmeldung und -prüfung dient eine gestaffelte Jahresgebühr zur Aufrechterhaltung des Patentschutzes.
Luft- und Raumfahrt: In dieser Abteilung arbeitet nach langer Zeit seit 2017 endlich auch wieder eine Frau. In vielen naturwissenschaftlichen Bereichen liegt das Geschlechterverhältnis bereits bei 50/50. Leider noch nicht in der Männerdomäne Technik.
Meister Eder: Den Blick von der Dachterrasse des DPMA kennt fast jeder Münchner: Denn von dort wurde das Intro für den Pumuckl gedreht.
Nachbarschaft: Keine Konkurrenz, aber Ansporn für uns, immer etwas besser zu sein als der „große Bruder": das Europäische Patentamt, das europaweit Patente erteilt, nebenan.
Oktoberfest: Schutzrechte kann man gut am Oktoberfest greifbar machen: Der Wurstbräter und die Zeltkonstruktionen sind patentiert oder als Gebrauchsmuster geschützt. Das Motiv des Wiesnkrugs kann als Design eingetragen werden. Unser Register enthält auch etliche Wiesn-Marken, darunter die aller Münchner Brauereien.
Paternoster: Einen der wenigen noch funktionstüchtigen Paternoster-Aufzüge Münchens gibt es bei uns in der Zweibrückenstraße. Benutzen dürfen unseren Paternoster aus Sicherheitsgründen aber nur Mitarbeiter nach einer Einweisung.
Qualität der Prüfung hat bei uns oberste Priorität. 2017 lag unsere Erteilungsquote für Patente bei 42,6 Prozent: Von knapp 37 000 geprüften Patentanmeldungen wurde für weniger als die Hälfte auch ein Patent erteilt. Die Liste führt Bayern mit 15 482 Patentanmeldungen an.
Ruhestand: Im April gehe ich in den Ruhestand - über 30 Jahre nach meinem ersten Arbeitstag im Patentamt.
Spitzenreiter unserer Jahresstatistik sind heuer die Marken: 76 719 Marken wurden 2017 beim DPMA angemeldet - so viele wie seit neun Jahren nicht mehr. Zum Patent wurden insgesamt 67 707 Erfindungen angemeldet.
Transport: Autonomes Fahren ist eine wichtige Zukunftstechnologie. 2017 gab es in dem Bereich mehr als 2600 Patentanmeldungen - doppelt so viele wie noch vor fünf Jahren.
Unglaublich hilfreich kann die Recherche in unserer öffentlichen Patent-Datenbank DEPATISnet sein. Einmal habe ich mit Hilfe einer Patentschrift den Fahrradlenker meines Sohnes repariert.
Voraussetzungen: Die drei wichtigsten Voraussetzungen für ein Patent: Neuheit, erfinderische Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit.
Wahrnehmung: Als Mitarbeiter des Patentamtes geht man mit anderen Augen durch die Welt: überall Schutzrechte. Einmal habe ich in einer Brauerei eine Rohrleitung entdeckt, die ich einst patentiert hatte - eine tolle Erfahrung.
X-mal habe ich während meiner vier Jahre als Richter am Patentgericht über Patente entschieden. Dort habe ich festgestellt, dass die Prüfer gute Arbeit leisten und die meiste Patente nur schwer anfechtbar sind.
Yes, we can: Für immer mehr Patente brauchen wir auch immer mehr Prüfer: Über 200 zusätzliche Stellen für Ingenieure und Naturwissenschaftler sind nötig.
Zukunft: wird durch Innovationen bestimmt. Wir sollten deshalb alles tun, um Kreativität und Erfindergeist zu fördern.
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