Wer mit dem Namen Gerd Heidemann einzig die Affäre um die Hitler-Tagebücher und vermeintlich größten Schande im deutschen Journalismus in Verbindung bringt, der irrt. Der 1931 in Hamburg geborene Reporter begann in den 1950er Jahren als freier Fotoreporter und war von August 1955 bis Mai 1983 Reporter des Magazins „Stern". Dort machte er sich als brillanter Recherche-Spezialist zu unzähligen brisanten Reportagen eine Namen. Mal kratze er kräftig am Establishment, um anschließend mittels akribischer Nachforschungen und Ermittlungen Fallstricke zu knüpfen, die selbst hochrangige Politiker in die Knie zwangen. Dann wieder „verdankten" Politiker seinen spektakulären Aufdeckungen den verdienten Rücktritt. Explosive und heikle Hintergrundberichte zum Sturz des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt entstammten akribischer Recherchearbeiten des Teams, dem Heidemann als unverzichtbarer Bestandteil angehörte. Unvergessen bleiben auch seine Reportagen und Hintergrundberichte zum Fall Guillaume, der Affäre um den ehemaligen Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD, Karl Wienand, und die akribischen Protokollierungen im Fall Hans-Martin Schleyer und dem Geiseldrama Mogadischu.
Schon in den 1960er Jahren arbeitete Heidemann im Auftrag des „Stern" als Kriegsberichterstatter und lieferte Reportagen von den schaurigsten Kriegsschauplätzen der Welt. So berichtete er unter anderem aus Angola, Biafra, Mozambique, Guinea-Bissau und aus dem Kongo. Damals ahnte Heidemann noch nicht, dass ihn sein wohl größtes und persönliches Schlachtfeld später im Jahre 1983 ausgerechnet in der Heimat Deutschland erwarten sollte. Der Skandal um die gefälschten Hitler-Tagebücher reihte sich ein in eine ganze Reihe von Medienschlampereien, die Leser weltweit, aber auch in Deutschland gelegentlich zu verdauen hatten. Für Heidemann wurde das Tagebuch-Fiasko zu einer Zäsur in seinem bisher erfolggewohnten Leben und gereichte zum Stoff, aus dem die Albträume sind. Im Angesicht des zu erwartenden Medien-Spektakels, aber auch hoher Einnahmen, brannten im wahren Wortsinn sämtliche Sicherungen durch. Und dies nicht nur bei Heidemann, sondern im gesamten Verlag. Doch während andere Beteiligte und Verantwortliche eine weitere Chance bekamen und an früheren Erfolgen anknüpften, blieb der einstmalige Star-Reporter auf der Strecke und zahlte eine hohe Zeche: Jobverlust, Betrugs-Anklage, Haftstrafe und Verarmung. Statt einem Mindestmaß an Solidarität aus den eigenen Journalistenkreisen erntete der einstige Vorzeige-Journalist nur Schmach und Häme.
Jenseits der Hitler-Tagebücher bleibt die Erfolgsgeschichte eines legendären Berichterstatters, die auch heute noch ihresgleichen sucht. „Ein Reporter ist immer nur so gut wie seine letzte Geschichte", äußerte Heidemann einmal. Und wer seinen lebhaften Worten zuhört, könnte beinahe glauben: Die Story über die gefälschten Hitler-Tagebücher war eine von vielen. Aber sie war nicht seine letzte Geschichte. Im Gespräch mit Gerd Heidemann, Journalist, Fotograf und Ex-„Stern"-Reporter.
INFO: Das Interview ist derzeit in Bearbeitung und in wenigen Tagen wieder online.
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