Ullrich Kroemer

Freier Sportjournalist (Print, Online), Leipzig

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Die Dampf-Lok: Was will Mario Basler bei Lokomotive Leipzig?

Mario Basler ist Geschäftsführer Sport beim 1. FC Lokomotive Leipzig. Was treibt den ehemaligen Nationalspieler in die fünfte Liga?

Mario Basler sitzt in einem beschaulichen Parkhotel im Leipziger Osten vor einer Horde Journalisten. Der 46-Jährige trägt eine blaue Trainingsjacke, vor ihm zwei Flaschen Landbier eines Sponsors. Der Pressesprecher präsentiert den prominenten Neuzugang samt dessen Titelsammlung, als sei er Michael Buffer und Basler Graciano Rocchigiani. Die Sponsoren und auch einige Journalisten applaudieren, Basler ist das etwas peinlich. Vor laufenden Kameras (!) unterschreibt der mittlerweile 46-Jährige seinen neuen Vertrag als künftiger Geschäftsführer Sport beim 1. FC Lokomotive Leipzig. Viel mehr Neunziger geht nicht.
Nun passt Mario Basler zu einer Fußball-Zeitreise wie kaum ein anderer, doch bei der Besichtigung des maroden Geländes des Bruno-Plache-Stadions gleich nebenan ist ihm vor ein paar Tagen wohl selbst erst bewusst geworden, wie viel es beim mittlerweile fünftklassigen Klub zu tun gibt. "Ich habe schon schönere Gelände gesehen", sagt Basler. "Aber das hat was Kuscheliges, da kracht und quietscht es auf der alten Holztribüne." Das Schlimmste sei ohnehin das Rauchverbot dort, scherzt Basler. Und verabschiedet sich nach der Pressekonferenz zu einer Raucherpause in den Hof des Hotels, bevor er den acht Kamerateams Rede und Antwort steht. So viel Aufmerksamkeit hatte Lok Leipzig in den vergangenen Jahren nur, wenn sich die Fans wieder einmal daneben benommen hatten. Gut zwei Jahre nach seinem Rücktritt bei Rot-Weiß Oberhausen ist Mario Basler mit reichlich Tamtam zurück im Geschäft. "Ich freue mich, dass ich nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit wieder arbeiten darf", sagt er. Über einen gemeinsamen, langjährigen Bekannten aus Regensburg hatte Lok-Präsident Heiko Spauke Basler kennengelernt und ihn irgendwann direkt angesprochen: "Mensch, Mario, Du musst doch zurück in den Fußball. Kannst Du Dir das bei uns vorstellen?" Nach ersten Treffen in Leipzig inklusive Besuch bei RB Leipzig reifte bei Basler auf der Rückfahrt in seine Wahlheimat Osnabrück der Gedanke, das Angebot tatsächlich anzunehmen und einen Neustart in der Oberliga zu wagen. "Ein solcher Traditionsklub mit so viel Potenzial ist genau das, was ich gesucht habe", dachte sich Basler nach eigenem Bekunden. "Die Vereine haben Angst vor großen Namen wie Matthäus und Basler" Als Trainer hatte der Schwager des mächtigen Spielerberaters Roger Wittmann wenig Fortune. Mit seinen beiden letzten Klubs Wacker Burghausen und Rot-Weiß Oberhausen stieg der zweimalige Deutsche Meister und Pokalsieger jeweils aus der 3. Liga ab. Angebote aus der 2. Liga oder aus der Bundesliga habe es nicht gegeben. "Es ist ein großes Problem in Deutschland, dass die Vereine zu viel Angst vor großen Namen wie Matthäus, Effenberg oder Basler haben", sagt der gebürtige Pfälzer. "Es war für mich irgendwann klar, dass es in Deutschland keinen Trainerjob mehr für mich gibt."
Deswegen beschloss Basler, seine Zukunft in der Funktion als Sportdirektor zu suchen und das Angebot der »Lok’sche« anzunehmen. Obwohl sein Engagement über ein ganzes Sponsoren-Konsortium finanziert werde, wie Lok-Präsident Heiko Spauke sagt, können finanzielle Beweggründe für Baslers Engagement ausgeschlossen werden. Er wolle nicht über sein Gehalt sprechen, sagt Basler mehrfach, das treibe nur jedem die Tränen in die Augen. Auf die Frage, weshalb einer wie er sich das in der 5. Liga antue, sagt Basler nur: »Warum nicht? In der 5. Liga ist das auch nicht anders als in der Bundesliga. Es geht darum, mit den vorhandenen Mitteln etwas aufzubauen.« Da die bei dem im Neuaufbau begriffenen und noch immer verschuldeten Klub sehr beschränkt sind, lautet das Ziel bei Lok Leipzig: Rückkehr in die 3. Liga bis spätestens 2020.

Mit Rangnick treffen? »Das lasse ich mir nicht verbieten«

Offiziell ab 1. Februar putzt Basler nun die Klinken von Sponsoren und Stadt, um den Europapokalfinalisten von 1987 im Schatten von RB Leipzig als Nummer zwei in Leipzig zu etablieren. Eine Kooperation mit »dem Nachbarn« schließt Basler aus, das ist den Lok-Fans nicht zu vermitteln. Dennoch wolle sich Basler einem Gespräch mit seinem künftigen Kollegen Ralf Rangnick nicht verweigern. »Das lasse ich mir nicht verbieten«, sagt Basler. »Ich habe als Spieler und als Trainer meinen eigenen Kopf gehabt und den habe ich auch als Geschäftsführer.« Über Rangnick sagt Basler: »Er wird mir sicher auch helfen können. Ich werde mir Ratschläge holen, ich bin ja neu in dem Geschäft.« Man darf also gespannt sein, welche Tipps »Super-Mario« vom »Fußball-Professor« bekommt.

Zunächst einmal will Basler die Mannschaft mit einigen Neuzugängen gezielt verstärken, um mit dem derzeitigen Tabellensechsten vielleicht doch noch in diesem Jahr den Aufstieg zu schaffen. Am liebsten würde er selbst dabei mitwirken. »Ich bin zwar nicht hier, um Fußball zu spielen, aber es juckt immer noch in den Füßen. Zutrauen würde ich es mir«, sagt Basler. Doch ob Basler tatsächlich noch einmal selbst ran darf, entscheidet Lok-Coach Heiko Scholz. Der hat übrigens sehr konkrete Vorstellungen von seinem früheren Mitspieler: »Ich habe bei Werder Bremen direkt hinter Mario gespielt und ihm den Rücken freigehalten. Jetzt erwarte ich, dass er mir den Rücken freihält«, sagt Scholz. Ullrich Kroemer

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