Ullrich Kroemer

Freier Sportjournalist (Print, Online), Leipzig

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Die Auster unter den Fußballklubs (neues deutschland)

Von Ullrich Kroemer, Leipzig

RB Leipzig präsentiert sich gern als offener Familienklub, bei dem die Spieler den Fans schon mal die Auswärtsfahrt bezahlen. Dieses Gesicht zeigt der Zweitligist jedoch nur, wenn es ums Fußballspielen geht. Stehen Struktur des Klubs, Hintergründe oder Lizenzauflagen im Fokus, gibt sich der Emporkömmling verschlossener als eine Auster. Zu beobachten war das auch wieder am Dienstag, als der umstrittene Klub eine außerordentliche Mitgliederversammlung abhielt - die erste, zu der nicht nur die 14 stimmberechtigten Mitglieder geladen waren, sondern auch die rund 150 Fördermitglieder des Klubs. 40 davon waren der Einladung in den Musiksaal des Leipziger Sportforums direkt am Stadion gefolgt - ohne Stimmrecht freilich.

Einziger relevanter Tagesordnungspunkt: die Ausgliederung der Profiabteilung der Leipziger sowie der Nachwuchsteams bis zur U 16 in eine GmbH. Bisher firmierte RasenBallsport als eingetragener Verein und umging so die 50+1-Regel, die nur für Kapitalgesellschaften gültig ist. Sie besagt, dass die Bundesligavereine mindestens 51 Prozent der Stimmanteile selbst halten müssen.

Was nach einem formalen und trockenen Rechtsakt klingt, inszenierte RB Leipzig als Krimi: Für Medienvertreter ist an diesem Dienstagmittag nicht nur der Versammlungssaal tabu, sondern das gesamte Gebäude, in dem zahlreiche Leipziger Vereine und Verbände ihren Sitz haben. Security-Mitarbeiter bewachen die Eingänge. Wer einen Termin bei einem anderen Mieter des Hauses hat, wird bis zur Tür begleitet und dort auch wieder abgeholt. Verkrampftes Verhalten eines Klubs, der sich auf Druck der Deutschen Fußball Liga (DFL) öffnen muss, seine Türen aber gleichzeitig vor der Öffentlichkeit dicht verschlossen hält.

Thomas Barth ist eines der wenigen Fördermitglieder, die etwas von der geheimniskrämerischen Veranstaltung preisgeben. Zu Sinn und Zweck des Umwandlungsvertrages von Verein in eine GmbH sagt der 60-Jährige: "Die Vorgaben von der DFL sollen erfüllt werden." Der Hauptgrund der neuen Geschäftsstruktur scheint also die DFL-Forderung nach klareren Strukturen. Nebenbei ist die Umwandlung auch steuerrechtlich relevant, da bei der Profiabteilung von RB Leipzig von einem gemeinnützigen Verein keine Rede sein kann. Die neuen Geschäftsführer der RedBull GmbH seien der bisherige Geschäftsführer des Vereins, Ulrich Wolter, sowie der bisherige Finanzvorstand Frank Zimmermann, so Barth.

Immerhin: "Jeder hatte das Recht zu fragen und zu diskutieren", sagt Barth. Klinisch kalt soll die Stimmung bei der Veranstaltung gewesen sein. Wie das eben so ist, wenn von ihren Anwälten flankierte RB-Bosse plötzlich vor Publikum abstimmen und sich sogar Wortmeldungen stellen müssen. Die drängendste Frage nach mehr Mitbestimmung durch die Vereinsmitglieder wurde auf eine ordentliche Mitgliederversammlung im neuen Jahr vertagt. Laut Lizenzauflagen muss RB der DFL bis zum 15. Januar Lösungsvorschläge einreichen, wie die neu gegründete GmbH gedenkt, künftig Mitglieder zuzulassen.

Bislang ist es fast unmöglich, stimmberechtigtes RB-Mitglied zu werden. Die 800 Euro Mitgliedsbeitrag sind längst legendär. Trotz aller DFL-Auflagen läuft es noch immer so im Red-Bull-Fußballimperium: Was die sportlichen Akteure von RBL an positivem Image aufbauen, reißen die Verwalter der "Roten Bullen" durch eine desaströse Öffentlichkeits- und Mitbestimmungspolitik wieder ein. Ein Klub mit zwei Gesichtern.

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