Ullrich Kroemer

Freier Sportjournalist (Print, Online), Leipzig

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RB Leipzig: Trickreich, aber zulässig

Der künstliche Brauseklub RB Leipzig erregt die Konkurrenz. Mit seiner Satzung versucht der Verein, seine Hürde für Mitgliedschaften so unerreichbar hoch zu legen, dass nur eine kleine Schar entscheidet. Die Konkurrenten würden die Trickserei gern mit Lizenzverweigerung bestraft sehen.

Transfers, Verletzte und der kommende Gegner. Und was war mit dem Aufreger-Thema der vergangenen Tage, der drängenden Frage, ob RB Leipzig im Falle einer sportlichen Qualifikation überhaupt eine Lizenz für die Zweite Bundesliga bekäme? Bei der Pressekonferenz vor dem ersten Drittligaspiel nach der Winterpause gegen Wacker Burghausen (Sonnabend, 14 Uhr) verbat sich RB Fragen zu dem heiklen Thema. Ersatz-Kapitän Dominik Kaiser sagte lediglich, dass Geschäftsführer Ulrich Wolter dem Team ein „paar Sätze mitgegeben habe", als sich die Meldung über mögliche Probleme mit der Lizenz verbreitete. Und das ging sehr schnell. „Das kann uns nicht von unserem Weg abbringen", sagte Kaiser. Und der soll zum direkten Aufstieg führen. Denn irgendwann will RB auch in der Ersten Bundesliga angekommen sein. Doch stellen sich dem Klub dabei gefährlichere und abstraktere Hindernisse in den Weg als jene auf dem Fußballplatz?

Geschlossene Familie

Andreas Rettig, einer der Geschäftsführer der DFL, hatte die Diskussion neu befeuert, ob RB mit der aktuellen Vereinsstruktur in der Zweiten Liga mitspielen darf. Auf dem gut besuchten Fankongress am zurückliegenden Wochenende in Berlin hatte Rettig in Richtung RB Leipzig gesagt: „Die Mitwirkungsmöglichkeit des Mitgliedes darf nicht eingeschränkt werden. Wenn Eintrittsbarrieren für Mitglieder bestehen, schauen wir ganz genau hin." Hintergrund von Rettigs Kritik ist, dass die Rasenballer derzeit nur neun Vereinsmitglieder haben, die alle im Sinne von RB agieren, und wohl auch keine weiteren aufnehmen wollen. Der Vereinsbeitrag kostet pro Jahr 800 Euro plus 100 Euro Aufnahmegebühr. Selbst wer sich davon nicht abschrecken lässt, kann nicht ohne Weiteres in die Red-Bull-Familie eintreten. Die Aufnahme neuer Mitglieder kann vom Vorstand abgelehnt werden. An einem mitgliederbestimmten Verein ist der schwerreiche Energy-Drink-Gigant aus Salzburg schlicht nicht interessiert.

Das ist zwar fragwürdig und mag viele aktive Fans und Fußball-Romantiker stören, verstößt aber nicht gegen die gültige Lizenzierungsordnung der DFL. In der ist nicht geregelt, dass ein Verein mehr als die zur Gründung notwendigen sieben Mitglieder haben muss, oder welche Aufnahmeformalien existieren. Und die 50+1-Regel, die festlegt, dass die Vereine die Mehrheit gegenüber beteiligten Investoren haben müssen, gilt nur für ausgelagerte Kapitalgesellschaften. Rasenball Leipzig ist jedoch formal ein eingetragener Verein.

Über Rettigs Einlassungen hinaus gibt es also nach Lage der Dinge keine stichhaltigen Gründe, weshalb RB Leipzig keine Lizenz für die Zweite Liga bekommen sollte. Zwar hat die DFL eine Task-Force aus hochrangigen Vereinsvertretern gegründet, um die 50+1-Regel klarer zu formulieren und an europäisches Recht anzupassen, wie es aus dem DFL-Umfeld heißt. Doch die soll lediglich regeln, dass mächtige Sponsoren nicht nur Geld in die Profiabteilungen pumpen, sondern den Gesamtverein fördern. Und das tut RB beispielsweise mit Millioneninvestitionen in die Nachwuchsabteilung. Von der DFL war dazu keine Stellungnahme zu bekommen.

Bleibt das Mitglieder-Problem, das Andreas Rettig und die DFL mit RB haben. Doch um da ansetzen zu können, müsste die DFL die Lizenzierungsordnung ändern - und zwar bald. Anfang März müssen die Klubs die Unterlagen einreichen. „Die 50+1-Regel wird zwar derzeit von RB unterlaufen, aber eine Änderung der Lizenzierungsordnung stelle ich mir sehr schwer durchsetzbar vor", sagt der Sportrechtler Michael Lehner zu dieser Zeitung. „Was RB Leipzig macht, ist zwar trickreich, aber zulässig."

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