Die Ironie hat es schwer hierzulande. Man könnte ja auch mal etwas missverstehen. Journalisten sollen schon gar nicht ironisch sein - das versteht der einfache User nicht. Ach ja? Wir sind da anderer Meinung, zumal alle jetzt so schrecklich ernst daherkommen.
Kein Scherz
Rechte Politiker statt der gewählten Kanzlerin wünschten sich Pegida-Demonstranten in Bayern
Wir erleben harte Zeiten. Die Not und das Elend des Krieges treiben Menschen auf der Flucht bis in unsere Innenstädte. Manch Deutschem ist das längst zuviel, während andere lieber helfen, weil sie sich vom Leid der andern angesprochen fühlen. Witzig ist an dieser Not schon gar nichts. So wenig wie an den Aufzügen von Pegida und der neuen Macht der AfD. Es ist eine böse Ironie der Geschichte, dass nun, siebzig Jahre nach dem Ende des furchtbaren „Dritten Reiches", rechte Politiker allen Ernstes „positivie, identitätsstiftende Aspekte deutscher Geschichte" beschwören.
Ironie
Karikatur von Diogenes in der Tonne
Alle lachen gerne, nur eben lieber mit Mario Barth als mit, sagen wir, Diogenes. Der sagte zum großen Alexander, als der ihm einen Wunsch freistellte: Geh mir aus der Sonne! Das ist schon bös ironisch. Und irgendwie kompliziert. Heute, da eh schon alles so verworren ist, lachen die Leute fast gar nicht mehr, sondern pflegen lieber ihre Wut. Und hassen alle Zwischentöne und jede Ironie. Übrigens: Zynismus ist etwas anderes, da geht es darum, dass der eine sich lachend über den anderen erhebt.
Tiefere Bedeutung
Der Salafist Pierre Vogel bei einer Predigt
Salafisten, gar Dschihadisten haben wenig zu lachen, drum wollen sie auch, dass andere sich nicht mehr amüsieren. Sie sprengen sich lieber in die Luft als Pointen nachzuspüren. Auch Mächtige verstehen nicht immer Spaß. Erdogan zum Beispiel. Oder Politiker von der AfD, die finden, dass die Medien alle lügen, und das ganz unironisch. Und dann landet Frauke Petry auch noch im bunten Plansch-Becken der neu entdeckten Mediokratie.
April, April? Nach der Ironie Jazz & Politik, Samstag, 02.04.2016, 17:05 Uhr, Bayern2
Redaktion und Moderation: Lukas Hammerstein Musikauswahl: Roland Spiegel
Schriftsteller, Jurist, Journalist, Jahrgang 1958, Moderator und Redakteur von "Jazz & Politik"