Dodgeball-Turniere sind eine Mischung aus Freibad und Festival. Und gehen fast ohne Knochenbrüche ab.
Lisa hat ein Problem. Genau genommen sogar fünf. Die tragen Schürzen mit aufgedruckten Patronengürteln über den ebenfalls aufgedruckten Camouflage-Bikinis, werfen aber mit echten, pinken Gummibällen nach ihr. Eine Minute lang schafft es die zierliche 24-Jährige auszuweichen. Dann wird sie in die Enge getrieben und bekommt gleich mehrere Treffer ab. Lisa ist raus, als letzte ihres Teams. Die kostümierten Zuschauer johlen, die Soldatinnen führen ein Siegestänzchen auf und schießen um sich - mit Rhabarberschnaps aus Wasserpistolen.
Auch wenn es auf den ersten Blick anders wirken mag: Dodgeball, die hippe Variante des miefigen Völkerballs, ist ein Sport für Humanisten.
Sicher, es geht darum, die Gegenspieler abzuschießen. Nicht umsonst heißt das klamaukige Kino-Denkmal für den Sport Voll auf die Nüsse. Doch selbst die ungleichsten Duelle, zum Beispiel das eines Einzelnen gegen fünf gestandene Verbandsliga-Handballer, deren Bälle mit bis zu 100 Stundenkilometern einschlagen, enden meist ohne Gefährdung für Leib und Leben. In aller Regel verursachen die volleyballgroßen Dodgebälle bei jedem Hautkontakt ein sattes Paff, aber nicht einmal blaue Flecken. Ausgeknockt wurde in sieben Jahren nur ein einziger Spieler, versehentlich durch eine Zweitliga-Handballerin mit zu viel Kraft.
Es ist schön hier, auf einer Dorfwiese in Grefrath am Niederrhein. So schön, dass sich Auswärtige längst jenseits der nahen niederländischen Grenze wähnen. Doch das Freizeitangebot ist derzeit arg überschaubar. Karneval ist nur einmal im Jahr, im Handball herrscht Sommerpause und der Reiz der meist muffigen Kegelbahnen nimmt bei 30 Grad und mehr schlagartig ab.
Deshalb markiert der örtliche Kegelklub Mütos schon im siebten Jahr in Folge mit roter Sprühfarbe mehrere 14 mal 7 Meter große Rasenstücke, schleppt Bauzäune an, spannt Sicherheitsnetze und versorgt rund 300 Spieler mit Bier und Sekt, Pommes und Grillfleisch sowie Wassereis mit und ohne Wodka. Sogar aus dem 75 Kilometer entfernten Köln ist eine Mannschaft angereist.
Ebenso wie die anderen 35 Teams finden sie, dass Dodgeball das Beste aller Welten vereint: Action wie beim Handball, Spaß wie beim Kegeln und Kostüme wie beim Karneval - und all das ohne Abstriche beim gewohnten Trinkverhalten.
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