Lange hatte man nichts von Klaus Augenthaler gehört. Der ehemalige Bayern-Star und Weltmeister von 1990 verbrachte offenbar mehr Zeit beim Angeln als beim Fußball. Nun ist er wieder da. Der FC Bayern hat Augenthaler verpflichtet - als Experten für den neuen Fernsehsender FC Bayern.tv live.
Vor Kurzem hatte der deutsche Rekordmeister Geburtstag. Er wurde 117, und weil man zu diesem Anlass nicht mit Glückwünschen aus Dortmund oder Leipzig rechnete, beschenkten sich die Bayern eben selbst. Mit einem eigenen Sender, der Millionen von Bayern-Fans das Gefühl vermitteln soll, ganz nah am Geschehen zu sein. Für 5,95 Euro im Monat.
Gesendet wird rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag. Die volle Dröhnung FC Bayern München. Es werden Bayern-Nachrichten gezeigt, große Bayern-Spiele wiederholt und zwischendurch Bayern-Gespräche geführt.
Und dafür haben die Bayern Augenthaler aus der Versenkung geholt. Im Wechsel mit Andreas Ottl, einem weiteren abgetauchten Ex-Profi, analysiert Augenthaler Bayern-Spiele. Wenn er in die Kamera blickt, sein Gesicht zerknautscht und seine Stimme brüchelt, werden Fans sentimental. Willkommen im Bayern-Paradies.
Wenn die Bayern über sich selbst berichtenBayern München ist der erste Bundesligist, der in Endlosschleife über sich berichtet. Damit liegt er im internationalen Trend. Manchester United, der FC Barcelona und Real Madrid machen schon seit Jahren ihr eigenes Fernsehen. Wer für sich beansprucht, im Fußball an der Spitze zu stehen, darf eine solche Entwicklung nicht verschlafen. Ein eigener Fernsehsender ist gut für die Außendarstellung und verringert die Abhängigkeit von dem, was Journalisten über einen berichten. "Wir haben die Möglichkeit, selbst die Botschaft rauszusenden", sagte Marketingvorstand Andreas Jung auf einer Tagung im Januar.
Das Verhältnis zwischen Sportjournalisten und Vereinen war schon immer von Abhängigkeiten geprägt. Zuletzt hat sich das Kräfteverhältnis noch einmal verändert. Seit die Bundesligisten vor einigen Jahren Social Media für sich entdeckt haben, sind sie nicht mehr auf Journalisten angewiesen, um ein breites Publikum zu erreichen. Alleine die deutsche Facebookseite des FC Bayern hat mehr als 41 Millionen "Gefällt mir"-Angaben, die Sportschau nur 650.000.
Es ist zwar nicht verwerflich, dass die Bundesligisten diese neu gewonnene Unabhängigkeit in ihrem Sinne nutzen. "Die Vereine machen ja gar kein Geheimnis daraus, dass sie ihre Sicht darstellen", sagt Harald Stenger, einst Journalist bei der Frankfurter Rundschau und später mehr als ein Jahrzehnt Pressesprecher des DFB. Sie tun das sicher auch deshalb, weil Journalisten manchmal Fehler machen, übertreiben, verzerren, ungenau zitieren.
So denkt wohl Bayerns Vorstand Karl-Heinz Rummenigge. Auf der Jahreshauptversammlung sagte er, 2016 sei ein schwarzes Jahr für die Medien gewesen. Er nannte als Beispiele den Brexit, die US-Wahl und den Umgang mit Pep Guardiola. Welchen Zusammenhang er da sah, ließ er offen. Zur Premiere von FC Bayern.tv live sagte Rummenigge: "Hier kriegt man wirklich die neuesten News und vor allem die News, die gesichert der Wahrheit entsprechen."
Doch mit der Wahrheit ist das so eine Sache. Wenn die Bayern über sich berichten, tun sie das natürlich in ihrem Sinne. Die Bayern-TV-Reporter werden sicher nicht Franz Beckenbauer fragen, was es mit den 6,7 Millionen Euro auf sich hat, die vor der WM 2006 nach Katar geflossen sind. Oder Uli Hoeneß in die Mangel nehmen. Und es war auch nicht RMTV, der Sender von Real Madrid, der die Steuertricks von Cristiano Ronaldo aufgedeckt hat. Das war der .