Thomas Hürner

Journalist und Autor, München

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Warum musste Dirk Schuster gehen?

FCA-Anhänger aus der Region spekulieren über überraschendes Aus für den erst im Sommer geholten Trainer. Von Thomas Hürner

Die Fans des FC Augsburg im Wittelsbacher Land rätseln. Warum musste Trainer Dirk Schuster gehen? Als Trennungsgrund nannte Reuter die defensive Spielweise sowie unterschiedliche Meinungen zur zukünftigen Ausrichtung des Vereins. Dennoch kam die Entscheidung, sich kurz vor der Winterpause vom 48-Jährigen zu trennen, vollkommen unerwartet, immerhin stand die Mannschaft sportlich besser da, als zum selben Zeitpunkt in der vergangenen Saison. Damals behielt die Vereinsführung um Geschäftsführer Stefan Reuter aber Ruhe und sprach Markus Weinzierl das Vertrauen aus. Eine Trainerentlassung beim FC Augsburg gab es zuletzt im Jahr 2009, seither machte sich der Klub in der Fußball-Bundesliga vor allem mit Kontinuität und Beharrlichkeit einen Namen.

Der Inchenhofener Joachim Schnürer, einst selbst in der Zweiten Bundesliga für den FCA am Ball, hatte diesen Schritt nicht erwartet: „Für mich kam das zum jetzigen Zeitpunkt sehr überraschend, in Anbetracht der Umstände stand der Klub in der Tabelle so schlecht nicht da." Schuster habe mit vielen personellen Problemen zu kämpfen gehabt, vor allem die Ausfälle von wichtigen Offensivspielern wie Raúl Bobadilla, Alfred Finnbogason oder Caiuby seien nicht zu kompensieren gewesen. Ein Fußballtrainer müsse seine taktische Ausrichtung auch vom vorhandenen Spielermaterial abhängig machen, eine wirkliche Alternative zur defensiven Spielweise habe es für Schnürer in den vergangenen Wochen nicht gegeben.

Joachim Schnürer war einiges schon vorher klar

Doch auch ohne die Verletzungen von Offensivkräften war klar, dass Schusters Philosophie ungleich der von Weinzierl ist. Laut Geschäftsführer Reuter zeichnet den FCA ein schnelles, aggressives und mutiges Spiel aus. Dass die Wahl vor der Saison dennoch auf Defensiv-Spezialist Schuster fiel, ist für Schnürer unverständlich: „Ich war schon bei der Verpflichtung überrascht. Es war von vornherein klar, dass Schuster anders Fußball spielen lässt." Nun aber die Spielphilosophie als Trennungsgrund zu nennen sei nicht plausibel, so der 56-Jährige. Er denkt deshalb an andere Faktoren, die ausschlaggebend gewesen sein könnten: „Ich glaube, dass da in den nächsten Tagen etwas ans Tageslicht kommen wird. Ob das dann was mit dem blauen Auge zu tun haben wird, weiß ich nicht." Schuster war zu Beginn der letzten Woche mit einem Veilchen beim Training erschienen. Die offizielle Begründung lautet, er sei im Bad gestürzt, die Medien spekulieren dagegen über einen Party-Unfall nach dem HSV-Spiel.

Hollenbacher Birkmeir beschreibt die Stimmung im Fanblock

Auch FCA-Fan Manuel Birkmeir aus Hollenbach geht davon aus, dass die defensive Spielweise nicht der entscheidende Grund für die Trennung war. „Der plötzliche Sinneswandel ist nicht der Stil des Vereins und spricht dafür, dass intern etwas vorgefallen ist", sagt er und fügt hinzu: „Diese Meinung teilen auch die meisten anderen Anhänger." Birkmeir war am Samstagnachmittag beim 1:0-Heimsieg über Borussia Mönchengladbach im Stadion und hat sich dort in der Fankurve mit anderen Fans unterhalten. Dort sei Stimmung einhellig: Die Trennung war der richtige Schritt, doch die offizielle Begründung wirkt fadenscheinig.

„Die meisten Fans waren mit der Spielweise unzufrieden, zu denen gehöre auch ich", erzählt Birkmeir. Deshalb sei die Schuster-Entlassung auch größtenteils mit Wohlwollen aufgenommen worden. Innerhalb der Szene werde wild spekuliert, wo sich Schuster das blaue Auge geholt habe. Manuel Baum, bisher FCA-Nachwuchs-Cheftrainer, konnte bei seinem Profidebüt zwar drei Punkte gegen Gladbach einstreichen. Fußballerisch sei aber alles beim Alten geblieben, findet Birkmeir. Dennoch hält der FCA-Fan ein Modell wie bei Hoffenheim und Jungtrainer Julian Nagelsmann für möglich: „Baum hat erfolgreich die Jugendarbeit im Klub revolutioniert."

Joachim Schnürer wiederum sah im Vergleich zu Schuster am Samstagnachmittag einen Rückschritt. Vorher sei wenigstens eine gewisse Handschrift zu erkennen gewesen, eine stabile Grundordnung, aus der hier und da gefährlich gekontert wurde, sagt er. „Gegen Gladbach haben wir nicht ein einziges Mal aufs Tor geschossen, das hat mich überhaupt nicht überzeugt."

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