Als Justizwachebeamte den mittlerweile 59-Jährigen vergangenen Montag in den Großen Schwurgerichtssaal in Wien führen, ist vom früheren Ruhm nichts mehr übrig: Der Ex-Sportler muss sich wegen des Verdachts schwerer Sexualdelikte verantworten. Trotzdem erhebt sich im Publikum ein älterer Herr und beginnt zu klatschen. Peter Seisenbacher, der in braunem Anzug und weißem Rollkragenpullover vor Gericht erschienen ist, wirkt von der bizarren Szene überrumpelt. Beim Gang zum Anklagestuhl runzelt der bullige Beschuldigte zunächst die Stirn, dreht sich dann zur Zuschauerbank, lächelt und hebt den Daumen. Schließlich nimmt er vor Richter Georg Bauer und dessen Schöffensenat Platz. Staatsanwältin Ursula Schrall-Kropiunig wirft Seisenbacher schweren sexuellen Missbrauch Minderjähriger in zwei Fällen vor, außerdem Missbrauch seines Autoritätsverhältnisses in einem weiteren Fall. Drei mittlerweile erwachsene Personen beschuldigen den ehemaligen Judotrainer, sie als Minderjährige bedrängt und mit ihnen geschlechtliche Handlungen durchgeführt zu haben. Eine betroffene Person sei zu Beginn der Übergriffe erst elf Jahre alt gewesen. „Ein Fall mit einigen Außergewöhnlichkeiten", so die Staatsanwältin.
Flucht als "Kurzschlussreaktion"
"Kein Vaterersatz"
Trotz seiner polarisierenden Tendenzen genoss Seisenbacher stets auch großen Rückhalt - bis heute. Sein Anwalt Bernhard Lehofer ist ein langjähriger Freund und selbst Judoka. „Er hat gegen die stärksten Männer der Welt gekämpft, er hatte viele Frauen. Das, was ihm vorgeworfen wird, hat er überhaupt nicht nötig. Das passt überhaupt nicht ins Schema", so der Verteidiger vor Gericht. Der Zeuge H., der Seisenbacher seit 40 Jahren kennt, erweist sich ebenfalls als wahrer Freund. Vor Gericht revidiert er Angaben, die er gegenüber der Polizei machte.
Finanzielle Unterstützung durch Spenden
Eine Reihe von Fragen wirft auch Seisenbachers Aufenthalt in der Ukraine auf. Mehrmals, so bestätigen verschiedene Personen gegenüber profil, seien Freunde und Funktionäre, etwa der langjährige Nationalteamtrainer Norbert Herrmann, in die Ukraine gefahren, um den Ex-Sportler zu besuchen. Zur finanziellen Unterstützung des Flüchtigen seien Spenden Dutzender Personen gesammelt worden. Einer, der laut eigenen Aussagen selbst spendete, ist Bondi Setzger - der Mann, der Seisenbacher vor Gericht applaudierte. „Ich wollte ein Zeichen setzen", meint der mehrmalige Seniorenweltmeister gegenüber profil.
Pikant ist auch die Affäre um den gefälschten österreichischen Pass, den Seisenbacher bei seinem versuchten Grenzübertritt in Polen mit sich trug. Laut APA-Recherchen soll er aus dem Kreis heimischer Judo-Sportler stammen. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt deshalb wegen Fluchthilfe.
Das Urteil im Prozess gegen Seisenbacher soll am Montag dieser Woche gesprochen werden.
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