Das Restaurant "Manne Pahl" in Kampen auf Sylt - der 18. Mai wird für Inhaber Pius Regli und seine Tochter Sarah der große Tag, Wiedereröffnung nach zwei Monaten Corona-Zwangspause. Etliche Tische auf den 200 Quadratmetern fallen dem eineinhalb-Meter-Abstand zum Opfer, die Corona-Leitlinien des Landes schreiben zudem maximal 50 Gäste gleichzeitig vor, rund ein Drittel der möglichen Belegung. Neue Einnahmequellen müssen her.
Pius Regli, Restaurant "Manne Pahl" "Ich werde ein Gedeck der Hoffnung machen, so wie wir das aus Italien und Spanien kennen, couverti due cinquenta. Und dann werd ich da drei Euro draufschreiben. Ich glaube als Botschaft ist das ganz gut, weil das ist eine der Maßahmen, die ich sofort in der Kasse merke."
Die 20 Mitarbeiter des Kampener Traditionslokals sind in Kurzarbeit. Der erst kürzlich gestartete Außer-Haus-Verkauf läuft schleppend, denn noch sind nur die Zweitwohnungsbesitzer auf der Insel zu Gast. Doch auch wenn er unter Auflagen wieder öffnen darf und die Touristen wiederkommen, befürchtet Regli, dass er mittelfristig Angestellte entlassen muss.
Pius Regli, Restaurant "Manne Pahl" "Im Moment kriegen wir ja Stundungen und Kredite und schieß mich tot - aber irgendwann müssen wir das ja auch zurückzahlen. Und dann müssen wir zurückzahlen, obwohl wir nur noch den halben Umsatz haben, weil wir ja nur noch die Hälfte der Plätze haben. Von daher werden die nächsten zwei Jahre ein Schluck aus der Pulle."
Die Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie sei zwar gut, aber nicht genug, findet Regli. Der Deutsche Hotel und Gaststättenverband fordert einen Rettungsschirm noch im Mai, sonst sei ein Drittel der Betriebe von der Insolvenz bedroht. Für Regli liegt das wahre Problem in der Bürokratie, die den Gastwirten seit Jahren das Leben schwer mache.
Pius Regli, Restaurant "Manne Pahl" "Wir sind zu Bürohengsten degradiert worden. Wir müssen Buchführung machen, Stunden aufschreiben, Kühlketten... minutiös aufschreiben. Das ist auch der Grund dafür, dass die Decke so dünn ist bei den Kollegen, weil wir einfach gar nicht mehr dazu kamen, Geld zu verdienen. Das alles hat der Dehoga mit sich machen lassen, wir haben keine Lobby, die Politik macht mit uns was sie will schon die ganze Zeit."
Trotz der Klagen über zu viel Bürokratie - das Gastgewerbe auf Sylt wächst seit Jahren und ist der alles beherrschende Wirtschaftszweig. So verzeichnete die Insel im Jahr 2019 4,8 Millionen Übernachtungen; 1,6 Millionen mehr als im Jahr 2010. Touristen sorgen jährlich für einen Übernachtungsumsatz von rund 220 Millionen Euro (2018, Quelle Tourismusstatistik 2018)
Auch im "Hotel Stadt Hamburg" in Westerland laufen die Vorbereitungen für den 18. Mai, die Beleuchtung in den Fluren ist aber noch im Sparbetrieb. Hoteldirektor Christian Wirsing hat 3.000 Schutzmasken für die 97 Mitarbeiter vorrätig und zwei Paletten Desinfektionsmittel, die vor allem in der Zimmerreinigung zum Einsatz kommen sollen.
Christian Wirsich, Hoteldirektor "Wir werden die Türgriffe täglich, stündlich desinfizieren, solche Flächen, das komplette Badezimmer, die Glasplatte vom Tisch, und auch Textilien wie der Sessel, da haben wir Sprays, um den Virus zu eliminieren."
Die 69 Zimmer dürfen zum Neustart voll ausgelastet werden, Gemeinschaftsräume und Spa müssen vorerst geschlossen bleiben. Zum Start am Montag werden aber nur rund 30% der Zimmer belegt sein, einige Gäste haben laut Wirsich storniert, weil es zur Zeit keine Flüge gibt und die Bahn auch ziemlich ausgebucht sei. Besonders an den kommenden Feiertagen Himmelfahrt und Pfingsten erwartet Wirsing aber schon eine Zwei-Drittel-Auslastung, auch wenn der Sylt-Urlaub in Corona-Zeiten wohl teurer werden wird.
Christian Wirsich, Hoteldirektor "Gerade im Logis-Bereich werden wir die Preise etwas erhöhen müssen, um den Mehraufwand rezufinanzieren. Wir haben ja zweieinhalb Monate keinen Umsatz gehabt, das sind bei uns 1,4 Millionen Euro, die weg sind, nicht nur im Logis-Bereich, sondern auch in der Gastro im Haus."
Besprechung mit dem Restaurantchef. Die Mahlzeiten im Schichtbetrieb zu festgelegten Zeiten fordern von Gästen und Angestellten Disziplin. Der Buchungs-Nachfrage tut das im Moment aber keinen Abbruch, ein Nach-Corona-Boom ist absehbar Die Nachfrage zielt dabei nicht nur auf die Sommerferienzeit.
Christian Wirsing, Hoteldirektor "Wir haben in den Sommermonaten eh sehr hohe Auslastung, und mehr geht dann ja auch manchmal nicht. Denke, dass wir es eher merken werden im Mai und Juni und September, Oktober... aber immer unter dem Gesichtspunkt, dass Corona ja nicht vorbei ist, dass die Zahlen für uns niedrig bleiben und dass wir nicht doch wieder einen auf den Deckel krigen von der Regierung und wieder schließen müssen."
Die Sylter Bürgermeister fordern unterdessen ein Inselverbot für Tagestouristen bis mindestens 1. Juni - die Ströme von Spontanurlaubern bei gutem Wetter an den Feiertagen lassen sich schwerer vorhersagen und lenken als Übernachtungsgäste. Die Landesregierung in Kiel und die zuständigen Landräte erarbeiten gerade ein Konzept dazu, denn ein Ansturm von Tagesgästen würde das Risiko der Virusausbreitung erhöhen - und damit auch das Risiko eines neuen Shutdowns.