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Horst-Wessel-Grab eingeebnet: Nazi-Kultort: Ende eines Schand-Mals

Das Grab 2013 am Todestag - Nazi-Verehrer haben Blumen niedergelegt. Foto: Theo Schneider

Vor 83 Jahren wurde SA-Sturmführer Horst Wessel angeschossen. Der Verfasser der inoffiziellen Nationalhymne starb - und wurde zum NS-Märtyrer. Die Nationalsozialisten benutzten sein Grab auf dem St. Nikolai-Friedhof im Prenzlauer Berg bis 1945 als Aufmarschplatz, seit der Wende nutzen Rechtsextreme den Ort als Wallfahrtsstätte. Doch damit ist jetzt Schluss.


Wie der KURIER erfuhr, entfernte der zuständige evangelische Friedhofsverband alle sichtbaren Überbleibsel des Grabes. Geschäftsführer Pfarrer Jürgen Quandt bestätigt dem KURIER: „Wir hatten genug von den Neonazi-Besuchen. Die Verherrlichung neonazistischer Ideologie musste ein Ende haben. Deswegen haben wir den Grabstein entfernt."


1945 wurde das eigentliche Grab von Wessel planiert, gleich nebenan blieb die Ruhestätte seines Vaters, ehemaliger Pfarrer in der Nikolai-Kirche, aber erhalten. Jahr für Jahr huldigten Neonazis vor allem rund um Wessels Todestag am 23. Februar dem SA-Mann, legten Kränze und Blumen nieder. 2001 wollte die „Kameradschaft Germania" gar eine Mahnwache samt „Reichskriegsflagge, Fackeln und Megafon" mit 70 Teilnehmer abhalten. In den letzten Jahren blieb es bei Rosen (mit schwarz-weiß-roten Bändern) und „Unvergessen"-Kerzen.„Es war widerlich", so Pfarrer Quandt. „Wir haben die braunen Hinterlassenschaften immer so schnell wie möglich weggeräumt. Jetzt hat es uns gereicht."


Um nun den Zugang zur beseitigten Ex-Grabstätte zu verhindern oder zu erschweren, pflanzte die Friedhofsverwaltung mehrere Sträucher. Aber: „In einer Nachtaktion wurden diese von Unbekannten wieder herausgerissen und stattdessen Blumen gepflanzt", so der Pfarrer. „Diese wurden wiederum von uns entfernt. Wir kontrollieren die Stelle regelmäßig und werden auch künftig alles beräumen." Das Grab ist zwar weg, ob der Friedhof aber zur Ruhe kommt, ist ungewiss.

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