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torial Blog | Die Propaganda-Medien des Kremls in Deutschland

Die Sorge davor, dass russische Medien in Deutschland ihre Propaganda ungehindert verbreiten, ist übertrieben. Die bisherigen medialen Angebote des Kremls, sei es „RT Deutsch" oder „Die Stimme Russlands", sind bislang wenig erfolgreich und erzielen mit ihren Angeboten keine große Reichweite.


Seit das Web-Angebot „ RT Deutsch" im November vergangenen Jahres startete, haben sich viele Medienjournalisten kritisch mit dieser russischen Propaganda-Offensive auseinandergesetzt. Der Kollege Olaf Sundermeyer ließ sich sogar in die Sendung einladen, um besseren Einblick in die Arbeitsweise zu gewinnen und kam zu einem klaren Urteil: „In diesem Augenblick entscheide ich, keiner Einladung von „RT deutsch" mehr nachzukommen, und jedem zu empfehlen, es ebenso zu halten, der auf seine journalistische, politische oder wissenschaftliche Integrität Wert legt."


"Trash TV" mit mäßigem Erfolg

Im Vergleich zu den USA und Großbritannien ist der Versuch, den russischen Auslandssender „Russia Today" auch in Deutschland als ergänzendes „Nachrichtenangebot" zu installieren, nur von mäßigem Erfolg gekrönt. Während das englischsprachige „ Russia Today" im anglo-amerikanischen Raum ein Millionenpublikum auf dem TV-Bildschirm und über Kabel erreicht, ist „RT Deutsch" ein unbedeutendes Nischenprogramm im Netz geblieben. 

Das liegt auch an der mangelnden Qualität des als „Trash TV" gestalteten Video-Angebots „ Der fehlende Part", in dem die unerfahrene Moderatorin Jasmin Kosubek täglich um 19.30 Uhr überwiegend Verschwörungstheoretiker, Linken-Politiker und Putin-Versteher zum Gespräch empfängt. Die Zugriffszahlen des Internet-Portals bei YouTube sind mit 10.000 bis 20.000 Aufrufen am Tag wenig eindrucksvoll, auch die Zahl der Freunde bei Facebook ist mit knapp 77.000 überschaubar, und auf Twitter spielen die Nachrichten von „RT Deutsch" mit rund 4600 Followern praktisch keine Rolle. 

Dass es bei diesem mäßigen Erfolg bleiben dürfte, ist sehr wahrscheinlich, zumal der dramatische Verfall des Rubelkurses die weitere Finanzierung des weltweit operierenden Auslandssenders RT erschwert. „Ich sehe RT Deutsch in einem Jahr als eine anerkannte Stelle, wo man sich alternativ zum Mainstream informieren kann", hatte Chefredakteur Igor Rodionow noch kurz nach dem Start angekündigt. Davon ist RT Deutsch bislang weit entfernt.


Die Konkurrenz von „Stimme Russlands" 

 Weitaus weniger beachtet blieb bislang das zweite „Web-Angebot" des Kremls in Deutschland. Dabei startete der Auslandsrundfunk „ Die Stimme Russlands" den Relaunch seines deutschen Programms und die Eröffnung eines Berliner Büros schon im Januar 2013. Das deutsch-russische Redaktionsteam bietet im Internet seither ein auf den ersten Blick seriöseres Angebot. Das Ziel ist aber auch dort das gleiche, eine russische Regierungssicht der Dinge in Deutschland zu verbreiten. Die deutschen Redaktionen von „RT Deutsch" und „Stimme Russlands" stehen aber im Wettbewerb um das deutsche Publikum. Seit dem Start von „RT Deutsch" erschien bei der „Stimme Russlands" nicht eine einzige Zeile über die Existenz des Partnermediums, geschweige denn, dass die deutschen Webportale des Kremls miteinander verlinkt wären. 

Im letzten Jahr fusionierte der Auslandsrundfunk mit der russischen Nachrichtenagentur Ria-Novosti unter dem gemeinsamen Markennamen Sputnik. Dass auch diese Umbenennung nur ein kurzes Intermezzo war, verstärkt die Unübersichtlichkeit dieser Medienmarke. Aktuell nennt sich das Programm „SNA- Radio", wobei SNA für „Sputnik News Agency" steht. Aber nicht nur die wechselnden Namen sorgen für Verwirrung. Als Vollprogramm kann man das Radioprogramm nur über die Webseite hören, denn eine eigene Frequenz hat der Sender nie erreicht. Abseits davon haben nur zwei regionale Privatsender einige Stunden des Programms übernommen und strahlen es in nur zwei Bundesländern einige Stunden am Tag digital aus. Auch hier ist die Reichweite denkbar klein geblieben.


Moskauer PR-Beilage im Handelsblatt 

 Fest etabliert hat sich dagegen die Verlagsbeilage „ Russia beyond the headlines", die einmal im Monat der Wirtschaftszeitung „Handelsblatt" beiliegt. Sie wird von einer Moskauer Redaktion erstellt, widmet sich überwiegend Wirtschaftsthemen und wird ebenfalls aus dem russischen Staatshaushalt finanziert. Die Zielgruppe der PR-Beilage und des dazu gehörenden Internet-Auftritts sind deutsche Geschäftsleute. Dank der Auflage von rund 110.000 Stück erreicht die Beilage über das „Handelsblatt" eine stattliche Leserschaft. Der Web-Auftritt wird dagegen mit gerade mal 8000 Freunden bei Facebook und 848 Followern bei Twitter nur wenig genutzt. 

Das Vorläuferprodukt „Russland Heute" hatte als Verlagsbeilage der „Süddeutschen Zeitung" dank der höheren Auflage noch weitaus mehr deutsche Leser erreicht. Der Verlag kündigte aber im März 2014 die Zusammenarbeit mit der lukrativen Image-Beilage wegen der Krim-Krise auf. Die Chefredaktion hatte vom Verlag ein Ende der Kooperation gefordert. „Wir wissen, dass es Russland heute darum geht, ein positives Russlandbild zu vermitteln", sagte der stellvertretende Chefredakteur Wolfgang Krach damals über die ungeliebte PR-Beilage. „Das halten wir zu einem Zeitpunkt, wo Russland Soldaten und Panzer auf die Krim schickt, grundsätzlich nicht für richtig."


TV-Talkshows helfen russischer Propaganda 

Wer sich die Entwicklung dieser drei Medienangebote aus Moskau ansieht, kann einigermaßen beruhigt sein. Auch wenn fragwürdige Nachrichtenseiten wie „ Die deutschen Wirtschaftsnachrichten" oder „ Compact" die Argumentationsmuster der Moskauer Staatsführung ebenfalls über das Netz verbreiten, ist die Schlagkraft russischer Propagandamedien in Deutschland vergleichsweise gering geblieben. Dass sich einige der von der russischen Staatsführung gestreuten Lügen und Fehlinterpretationen dennoch durchsetzen, liegt deshalb vor allem an einzelnen deutschen Medien, deren Redaktionen damit ungeübt oder unkritisch umgehen. 

 So verhilft kurioserweise vor allem das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen dem Propagandisten Igor Rodionow zu größerer Prominenz in Deutschland. Bei seinen Fernsehauftritten in den Talkshows erzielt der RT-Deutsch-Chef für seine Propaganda-Thesen weitaus größere Reichweite als mit dem eigenen Medium. Bei Günther Jauch, Anne Will oder Sandra Maischberger wird Rodionow gerne verharmlosend als „Chefredakteur eines Staatssenders" oder als „russischer Journalist" vorgestellt und kann seine Botschaften vor einem Millionenpublikum verbreiten

 Auch anderswo glauben Medienvertreter leider, eine Ausgewogenheit der Berichterstattung über Russland und die Ukraine zu erreichen, in dem sie Falschaussagen ungeprüft übernehmen oder auf kenntnisreiche Einordnungen von Fachredakteuren oder Korrespondenten vor Ort verzichten. Auf diese Weise werden einzelne Redaktionen leicht zum Einfallstor fragwürdiger Botschaften, wenn es dort an außenpolitischen Kenntnissen und journalistischen Standards mangelt. Dabei ist guter Journalismus und eine entschiedene Abgrenzung gegenüber der Staats-PR aus Moskau das beste Mittel gegen die Kreml-Propaganda.

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