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"Abkehr von der Google- und Facebook-fokussierten Massenproduktion"

screenshot later pay

LaterPay will das Bezahlen von Inhalten im Internet vereinfachen. Chef und Gründer Cosmin Ene spricht im torial-Interview über die Idee - und die Frage, was JournalistInnen davon haben.

torial: Herr Ene, für alle Kollegen, die LaterPay noch nicht kennen - worum geht es bei Ihrem Dienst?

Cosmin Ene: Wir bezeichnen LaterPay als Micropayment Enabler, denn diese Beschreibung gibt die Idee dahinter am besten wieder: Das Bezahlen kleiner Beträge im Internet muss einfacher und bequemer werden. Unser Ziel mit LaterPay ist es, kostenpflichtige Inhalte im Netz salonfähig zu machen und journalistischen Inhalten ihren Wert zurückzugeben. Wir sind überzeugt davon, dass NutzerInnen bereit sind für Inhalte zu zahlen, sofern sie nicht die Katze im Sack kaufen, der Einkaufsprozess einfach gestaltet ist und sie so einen klaren Nutzen erkennen.

Mit LaterPay liegen nur zwei Klicks zwischen den LeserInnen und dem kostenpflichtigen Inhalt. Eine für die NutzerInnen lästige Vorabregistrierung gibt es nicht. Erst, wenn Website- und Geräte-übergreifend Inhalte für mehr als fünf Euro konsumiert werden, wird man zur Zahlung aufgefordert. Erst dann muss man zum ersten Mal seine Daten angeben und durchläuft einen Zahlprozess - getreu unserem Motto "Use now - pay later".

Um ein Beispiel aus der realen Welt zu bringen: Man stelle sich einen Restaurantbesuch vor. Erst wähle ich aus dem Menü. Dann konsumiere ich und am Ende des Abends zahle ich das, was sich auf meiner Rechnung angesammelt hat. Im Internet sollen die NutzerInnen derzeit vor dem eigentlichen Konsum zahlen, und das für Inhalte, deren Qualität sie nicht kennen. LaterPay überträgt das Modell eines Restaurantbesuchs auf das Bezahlen im Internet und nimmt NutzerInnen damit die Berührungsängste mit kostenpflichtigen Inhalten.

torial: Es wurde bereits reichlich mit den verschiedensten Bezahlmodellen für Inhalte experimentiert. Warum sollte LaterPay hier besser funktionieren als beispielsweise Flattr?

Ene: Der Vergleich mit Flattr hinkt insofern, als dass das Bezahlen hier ein freiwilliger, fast wohltätiger Akt ist. Bei LaterPay ist das nicht so. Wir sind der Meinung, dass gerade journalistische Inhalte einen Wert haben, der auch monetär ausgedrückt werden sollte. ErstellerInnen und AnbieterInnen dieser Inhalte verdienen eine angemessene Entlohnung. Wir sind außerdem davon überzeugt, dass die Mehrheit der InternetnutzerInnen kein Problem mit dem Bezahlen an sich hat, sondern mit den nutzerunfreundlichen Angebotsformen und umständlichen Zahlungsmethoden, die aktuell angeboten werden. Entfallen diese Hürden um eine Transaktion auszuführen, so zahlen NutzerInnen gerne für Dinge, die es ihnen Wert sind.

torial: Können NutzerInnen also daran gewöhnt werden, für Inhalte zu zahlen?

Ene: Ja, so scheint es tatsächlich zunächst. Aber unserer Erfahrung nach spielen hierbei die Umstände eine größere Rolle, als das Bezahlen an sich. Was passiert denn in der Regel, wenn ich redaktionelle Inhalte kaufen möchte? Erstmal steht mir der klassische Zahlungsprozess im Weg, bei dem ich mich im Zweifelsfall für irgendeinen Dienst registrieren oder aber ein Abo über einen längeren Zeitraum abschließen soll.

Das Angebot ist zumeist aus Sicht des Anbieters vorteilhaft und hat weniger den Nutzer im Sinn. Warum wird mir die Kuh aufgezwungen, wenn ich nur ein Glas Milch will? Diese Praktiken ersticken insbesondere Impulskäufe im Keim, und genau das führt zu der Annahme, dass NutzerInnen im Internet nicht bereit sind, für Inhalte zu zahlen.

Darüberhinaus hat die Kostenloskultur die Nutzung von digitalen Inhalten gerade auch aus Nutzerperspektive entwertet: Was soll Inhalt schon wert sein, wenn er erstens umsonst und zweitens tausendfach gleich angeboten wird? Ihn mit einem Preis zu versehen, steigert die emotionale Bedeutung des Inhalts für die NutzerInnen und bringt damit eine Form von Selektion mit sich. Paid-Modelle werden unserer Meinung nach also dafür sorgen, dass AutorInnen und Verleger wieder mehr in Profil, Aussage, Hintergrund und Zusammenhang investieren, und sich von der Google- und Facebook-fokussierten Massenproduktion von Inhalten ein Stück weit abkehren.

torial: Selbst erfolgreiche Bezahlmodelle wie das der "New York Times" haben Schlupflöcher in ihrer Paywall. Es ist schwer, mit seinen Inhalten ganz aus dem Web zu verschwinden, wie es viele Nutzer bei rigiden Zahlschranken wahrnehmen. Man nimmt auf eine Weise nicht mehr an der Konversation teil.

Ene: Wir haben uns ausgiebig mit dieser Thematik beschäftigt und viele Gespräche mit großen Verlagen geführt. Eine Angst der Verlage ist, dass Paywalls umgangen werden können. Viel konkreter haben Verlage jedoch Sorge vor Einbußen beim Traffic, da Inhalte hinter Paywalls liegen und nicht von Suchmaschinen gefunden werden. Um das zu vermeiden, bietet LaterPay einen Ansatz, den wir "Free-to-Read" nennen. Er orientiert sich stark am erfolgreichen "Free-to-Play" Modell der Spielebranche. In der Praxis heißt das für mich als Anbieter, dass ich einen Artikel auf meiner Seite oder meinem Blog frei verfügbar mache, aber Zusatzangebote wie Grafiken, Fotostrecken, Soundclips, Videos oder sonstige weiterführende Informationen kostenpflichtig anbiete.

So bleibt der eigentliche Inhalt frei zugänglich und von Suchmaschinen indexierbar und transportiert gleichzeitig Premium- bzw. kostenpflichtige Inhalte. Free-to-Read ist nur einer der Ansätze von LaterPay, über die wir in den kommenden Wochen und Monaten mehr sprechen werden. Mit Pay-per-Use und digitalen Abonnements bieten wir weitere Monetarisierungs-Möglichkeiten an, die sich ergänzen und auch gemeinsam auf einer Website genutzt werden können.

torial: Zu den ersten Partnern, die Sie gewonnen haben, gehört der bekannte Multimediajournalist Richard Gutjahr. Was hat die Zusammenarbeit mit ihm bisher gezeigt?

Ene: Tatsächlich arbeiten wir sehr eng mit Richard zusammen. Seit langem beschäftigt er sich mit der Frage, wie sich mit Journalismus im Netz Geld verdienen lässt. Jetzt hat er die Beobachterrolle verlassen und uns aktiv geholfen, ein WordPress-Plugin für LaterPay zu entwickeln und auf den Weg zu bringen. Seine Einsichten in Journalismus und Blogging waren dabei von großem Wert. Seit April ist LaterPay auf Gutjahr.biz eingebunden. Richard bietet über LaterPay aktuell via "Free-to-Read" kostenpflichtige Zusatzinhalte zu Artikeln an.

torial: Was lässt sich denn als Inhaltelieferant mit LaterPay verdienen? Ist mehr drin als Peanuts?

Ene: Wer guten Inhalt bietet und ein gewisses Qualitätsniveau hält, kann sicherlich mehr verdienen als Peanuts. Reine Pressemeldungen eignen sich hingegen vermutlich nicht, um NutzerInnen vom Wert journalistischer Inhalte zu überzeugen. LaterPay ist unter anderem bei Kleinstbeträgen attraktiv, denn durch die Bündelung können selbst Inhalte für fünf Cent wirtschaftlich angeboten werden, denn sie werden nicht von den Transaktionskosten gefressen. Unser System bietet auch viele Möglichkeiten zum Experimentieren, um für die eigenen Inhalte und Leserschaft den "Sweetspot" zu finden, bei dem die LeserInnen bereit sind, angemessen für aufwendig recherchierte Inhalte zu bezahlen.

torial: Und was verdienen Sie?

Ene: LaterPay ist an jeder Transaktion mit einer Provision von 15% beteiligt. Darin bereits enthalten sind sämtliche Kosten des Bezahlvorganges inklusive der Transaktionsgebühren der angeschlossenen Zahlungsdienstleister, also PayPal, Sofortüberweisung und so weiter.

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