Der Pferdetourismus fristet mitunter ein Schattendasein in der Tourismuswirtschaft, da er ein stark individualisiertes Marktsegment ist. Allerdings gibt es in Deutschland mehr als 1,7 Millionen aktive Reiter, Fahrer und Voltigierer, sowie rund elf Millionen Pferdeinteressierte.
In MV erwarten diese Angebote von über 250 Reiterhöfen. Im vergangenen Jahr haben mehr als 100 000 pferdebegeisterte Menschen ihren Urlaub im Land verbracht. Sie blieben im Schnitt 6,5 Tage - Urlauber ohne Pferdebezug blieben etwa 4 Tage, erläutert Landwirtschaftsminister Till Backhaus gestern in Ludwigslust. Das zeige, dass MV auf einem guten Weg sei, den Pferdetourismus in den ländlichen Räumen zu stärken. Aber es gebe genauso Herausforderungen, gerade auch was die ausgewiesenen Reitwege angeht: „Das Land ist zuständig für die Ausweisung von Wegen. Es gibt eine Reitwegebeauftragte, die bei Problemen helfen kann. Pferdeinterssierte müssen aufeinander zugehen. Nur so können Lösungen geschaffen werden, beispielsweise mit Waldbesitzern, die das Reiten nicht gestatten."
Insgesamt gebe es 6800 Kilometer Reitwege im Land. Jedoch ist es mitunter nicht einfach, diese zu finden. Generell hätten die Landkreise Reitwege und dazugehörige Karten, sagt Backhaus, allerdings gibt es keine landesweite Plattform. „Diese wurde einmal begonnen, dann aber nicht weiter gepflegt." Bereits 2008 wurde seitens des Tourismusverbandes ein Reiterkatalog angepriesen, in dem Reitwege verzeichnet sein sollten. Damals titelte die SVZ: „Reiterland ohne Reitwege". Bis heute ist solch ein Reitwege-Katalog nicht zu finden. Und das im „Pferdeland MV".
Außerdem ist es nicht möglich, überall im Land mit dem Pferd von A nach B zu kommen: „Wir brauchen durchgängige Trassen. Es sollte möglich sein, dass man Auto und Anhänger in Ratzeburg lässt und durch Mecklenburg-Vorpommern bis nach Polen reitet. Das geht aktuell nicht", gesteht der Minister ein.
Wie wichtig eine Verbesserung, und das nicht nur in MV ist, damit hat Mathias Feige, der stellvertretende Vorsitzende von der Bundesarbeitsgemeinschaft „Deutschland zu Pferd" Erfahrungen gemacht: „Ich bin mal den Gestütsweg zwischen Redefin und Neustadt/Dosse geritten. Allerdings mit einem Jahr Vorbereitung. So lange hat es damals gedauert, bis Leihpferde und Quartiere organisiert waren."
Zu diesem Weg gibt es inzwischen vielfältige Angebote, aber Feige spricht damit ein Problem an: „Es gibt viele Möglichkeiten, aber man bekommt sie nicht erschlossen. Das, was reittouristisch in Deutschland angeboten wird, ist kaum in den Katalogen von Veranstaltern drin. Diese beklagen sich selbst darüber, denn ihnen fehlt der Zugang."
Solche Probleme sollen in der „Zweiten nationalen Konferenz zum Pferdetourismus", die seit gestern in Ludwigslust stattfindet, angesprochen werden. Eingeladen hatten der Fachverband Landurlaub und der Tourismusverband MV. Bei dem bundesweiten Treffen von 30 Vertretern von Tourismusregionen, Organisationen sowie Initiativen sollen Möglichkeiten diskutiert werden, wie die Attraktivität des Pferde- und Reiterlandes Deutschland weiter gesteigert werden kann. Dazu wurde gestern die Bundesarbeitsgemeinschaft „Deutschland zu Pferd" gegründet. Deren Ziel soll es sein, den Reittourismus bundesweit zu vernetzen und als zentrale Anlaufstelle für Interessierte zu dienen. Laut dem neugewählten Vorsitzenden Thomas Kubendorff ist diese Vernetzung wichtig: „Das hat eine große Bedeutung für den Pferdetourismus - für die touristische Wertschöpfung, neue Arbeitsplätze und einen Imagegewinn für den gesamten ländlichen Raum."
Das Pferd sei ein großer Wirtschaftsfaktor: „Vier Pferde sichern einen Arbeitsplatz", weiß Landwirtschaftsminister Till Backhaus. „Das Pferd hat in der Allgemeinheit einen sehr guten Ruf. Teile unserer Kulturlandschaft und der wirtschaftlichen Entwicklung hängen immens mit dem Pferd zusammen."
von Tara Gottmann erstellt am 13.Apr.2016 | 21:00 Uhr