Knapp anderthalb Millionen Besucher haben im Juni vergangenen Jahres in Rüsselsheim den Hessentag gefeiert. Ob bei Konzerten, Sportveranstaltungen oder dem großen Umzug zum Schluss: In der Stadt herrschte Ausnahmezustand. Das Landesfest, das zehn Tage dauert, soll sich in den gastgebenden Kommunen angesichts der im Vorfeld getätigten Investitionen auch noch in zehn Jahren positiv bemerkbar machen. In Rüsselsheim könnte das allerdings auch im negativen Sinn der Fall sein. Denn wie die Pressestelle im Rathaus am Donnerstag mitteilte, hinterlässt das Fest ein Defizit von 4,6 Millionen Euro.
Zwar wird wegen der angesichts des Terrors in Europa erhöhten Kosten für die Sicherheit erwartet, dass das Land noch 900 000 Euro erstattet, doch einen Millionen-Minus bleibt so oder so. Neben den Sicherheitskosten dürften dabei die schleppenden Ticketverkäufe bei den Konzerten eine Rolle spielen.
Die Stadtverordneten sollen jetzt eine tabellarische Übersicht zum Defizit bekommen. Eine umfassende Vorlage, die derzeit zur vorläufigen Endabrechnung erarbeitet werde, will der Magistrat ihnen nach den Herbstferien vorlegen.
In der Rüsselsheimer CDU ist man über das Vorgehen des Magistrats „sehr verwundert". Den Stadtverordneten hätten am Donnerstag keine Informationen zur vorläufigen Endabrechnung vorgelegen. Dabei habe der Magistrat zuletzt am Dienstagvormittag getagt. „Die jetzt veröffentlichte Information zum Defizit des Hessentages hätte der Oberbürgermeister demnach am Dienstag im Haupt- und Finanzausschuss bekanntgeben können", ärgert sich Parteichef Thorsten Weber. Dieses Gremium mit einer Presseerklärung zu übergehen, mit dem Hinweis, es gebe in der nächsten Sitzungsrunde eine Vorlage mit Zahlen, sei „schlicht unredlich".
Mit der vorläufigen Endabrechnung des Hessentags hat der Magistrat auch über die Endabrechnung des Kunstpfads am Mainvorland beraten.
Abdullah Sert (FDP) verweist wie Weber darauf, dass Mehrkosten vom damaligen Oberbürgermeister aufgrund erhöhter Sicherheitsanforderungen bereits angekündigt worden seien - ebenso wie eine mögliche Beteiligung des Landes an diesen.
Für die WsR Fraktion ist bei der Abrechnung die Berechnung der für den Hessentag eingesetzten Personalstunden von „ganz erheblicher Bedeutung", wie Fraktionschef Joachim Walczuch mitteilt.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Sanaa Boukayeo zeigt sich erschrocken darüber, dass zum schon angekündigten Defizit, sie spricht von 2,7 Millionen Euro, noch mal ein „Batzen" hinzugekommen sei. „Das bestätigt uns in unserer Befürchtung, dass es keinen kostenneutralen Hessentag gibt", äußert sie sich.
Für ihr Pendant bei den Grünen, Maria Schmitz-Henkes, war der Hessentag ein „tolles Fest, dass uns allen gut gefallen hat". Von der „versprochenen Null" sei man allerdings Millionen von Euros entfernt. „Das wird eine Belastung für die Stadt", ist Schmitz-Henkes sicher.
Heinz-Jürgen Krug (Linke / Liste Solidarität) macht deutlich, dass seine Fraktion vom Defizit „auch in dieser Höhe" wenig überrascht ist.
Dass ein Hessentag für die ausrichtende Kommune mit finanziellen Verlusten verbunden ist, bestätigt das Beispiel Korbach. Dort ging der Hessentag in diesem Jahr über die Bühne. Das Minus soll allerdings nur 2,5 Millionen Euro betragen - bis jetzt.