Aus unser November-Print-Ausgabe - 16.11.2016 - Eine Situation, die Jeder kennt. Man sitzt Zuhause und will ins Internet, aber der Router spielt nicht mit. Immer wieder erscheint die Fehlermeldung „Error" und die gewünschte Seite baut sich einfach nicht auf. Was ist in dieser Situation zu tun? Viele genervte Kunden greifen dann zum Telefonhörer und wählen die Nummer der auf den Vertragsunterlagen angegebenen Hotline. Die meisten denken, ein solcher Anruf würde direkt beim Internetanbieter landen, doch das ist ein Trugschluss. So gut wie jedes Unternehmen, egal ob Internetanbieter, Versandhaus oder Krankenkasse, hat die telefonische Beratung und Betreuung an einen externen Dienstleister abgegeben - an ein Callcenter.
Der Kunde kann kaum feststellen, ob sein Anruf jetzt bei seinem Vertragspartner eingeht oder bei einem externen Dienstleister landet. Durch Schulungen werden die Mitarbeiter auf den Einsatz am Telefon vorbereitet und lernen so auch die besonderen Eigenheiten der unterschiedlichen Auftraggeber kennen. Es werden Gesprächstechniken trainiert, mit denen der Kundenberater später im Idealfall gemeinsam mit dem Kunden zu einer Lösung kommt. Rollenspiele, bei denen die späteren Kundenberater auf unterschiedlichste Kunden-Typen treffen, sind ebenso ein Teil dieser Schulung, wie auch das technische Know-how, mit dem sie später den Kunden bei (fast) jedem Problem helfen können.
So ein Job stellt zwar keine große körperliche Belastung dar, jedoch müssen die Callcenter-Mitarbeiter die Fähigkeit und Flexibilität besitzen, sich mit jedem neuen Anruf auf einen neuen Menschen und sein Problem einstellen zu können. Callcenter-Mitarbeiter benötigen ein dickes Fell. Sie müssen auch in schwierigen Situationen einn kühlen Kopf bewahren, denn viele Anrufer sind völlig unbeherrscht und aufgebracht und bringen die Kundenberater dadurch nicht selten an ihre psychischen Grenzen. Nicht umsonst gehört der Beruf des Callcenter-Agenten zu den Jobs, bei denen das Risiko, an einer Depression zu erkranken, sehr hoch ist.
Ein Grund dafür ist unter anderem, dass viele Kunden, genervt von der schier unendlichen Warteschleife, zuerst einmal ihren Frust an den Servicemitarbeitern auslassen. Den Mitarbeitern wird zwar vermittelt, diesen Stress und die Schimpf-Tiraden nicht zu nah an sich heran zu lassen, dennoch fühlen sich viele Callcenter-Berater oft persönlich angegriffen und verletzt. Das ist auch einer der Gründe, warum die Fluktuation in diesem Berufszweig besonders hoch ist.
Auch in Wuppertal hat die Branche der telefonischen Kundenberatung einen großen Stellenmarkt eröffnet. Egal, ob es um Betreuung, Beratung oder einfach um eine Nachfrage zu der Bestellung eines Onlineanbieters geht. Viele dieser Anrufe landen mittlerweile in Wuppertal. Hier gibt es mindestens fünf Callcenter mit rund 1.000 Kundenberatern. Tendenz steigend.
Text: Sven Rühlemann