Susanne Karr

freie Kulturredakteurin, Wien/München

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Artikel

Holz: Altbewährter Baustoff der Zukunft

Terrace House, Vancouver von Shigeru Ban Architekten. © Shigeru Ban Architekten

Der Baustoff Holz wird häufig als besonders umweltfreundlich bezeichnet. Immer mehr Fokus wird mittlerweile auf nachhaltigen Anbau und Kultivierung gelegt.

Das steigende Umweltbewusstsein fordert auch im Bausektor stärkere Fokussierung auf Kreislaufwirtschaft. Das Mindset einer auf rasches Wachstum und rasche Profite ausgerichteten Forstwirtschaft gerät immer mehr in die Kritik. Massenhafter Verbrauch des "nachwachsenden Rohstoffes" gilt längst nicht mehr als selbstverständlich oder gar unbedenklich. Unangefochten bleibt allerdings, dass Holz in seinem gesamten Lebenszyklus mit überzeugenden Eigenschaften punkten kann. Dazu gehört die vielseitige Einsetzbarkeit. Im Baubereich fällt die hohe Versatilität der Erscheinungsbilder auf, und nicht zuletzt die Atmosphäre eines Holzbaus überzeugt auf einer fühlbaren Ebene, wie die folgenden Beispiele zeigen.


Effizienz und Transparenz

Mit ihrem Entwurf, der die Tragstruktur als formgebendes Element umsetzt, entschied das Wiener Architekturbüro SWAP den Wettbewerb zum Neubau eines Bibliotheks- und Seminarzentrums der Boku Wien für sich. Gemeinsam mit Arge Partner Delta Projektconsult setzten sie sich im Architekt*innenwettbewerb, der seitens der Bundesimmobiliengesellschaft BIG dezidiert als Holzbauprojekt und BIM-Pilotprojet ausgelobt worden war, gegen 60 andere Büros durch. Der bestehende Boku Campus wird durch das neue Gebäude, das den Namen der ersten Boku-Absolventin Ilse Wallentin trägt, um eine Nutzfläche von rund 3.000 Quadratmeter erweitert. Vorgefertigte Brettschichtholzelemente konstruieren einen viergeschossigen Bau. Nur Sockel und Stiegenhaus wurden aus Brandschutzgründen in Stahlbeton ausgeführt. SWAP sorgte mittels BIM Modelling und digitalen Tools für Effizienz und Transparenz in der Holz-Wertschöpfungskette. Die Planung entstand unter Einsatz der von SWAP entwickelten Software EVA-Rapid-Layouting, die in frühen Entwurfsphasen Unterstützung bietet. Die Kombination von exakt ausgearbeiteten vorfabrizierten Bauelementen und minutiös überwachter Qualität ermöglichte eine rasche Realisierung des Gebäudes. Dazu kamen Details wie der Einsatz digitaler Sensoren zur Regulierung von Temperaturen und Feuchtigkeitswerten während des Transports bis zur Bauphase.

Ergebnis ist ein luftig anmutendes Gebäude mit hohen Verglasungen zwischen den charakteristischen unbehandelten Holzoberflächen. Durch die großen Glasflächen wird das umgebende Grün in die Räume einbezogen.


Hybride Massivholzbauweise

Die vielseitige Ästhetik von Gebäudehüllen aus Holz zeigt sich immer wieder eindrucksvoll in den Planungen des Architekturbüros Shigeru Ban. Im Herzen des Viertels Coal Harbour in Vancouver entsteht derzeit das 19-stöckige Wohngebäude Terrace House in hybrider Massivholzbauweise. Was den Pritzker-Preisträger besonders an dem Projekt gereizt hat, war die Lage, in direkter Nachbarschaft zu einem ikonischen Gebäude des kanadischen Architekten Arthur Erickson. Die Form des neuen Gebäudes ist eine direkte Reaktion auf drei Hauptbedingungen des Standorts. Daraus ergeben sich drei Themen: Erstens die Korrespondenz zum benachbarten, denkmalgeschützten "Evergreen Building" des kanadischen Architekten Arthur Erickson, zweitens der Wunsch, keinen Schatten auf den nahegelegenen Park zu werfen, und drittens die Erhaltung der bestehenden Aussichtskorridore zum Wasser und zu den Bergen. Im Projekt setzt sich die langjährige Kooperation des Büros Shigeru Ban mit dem international renommierten Holzbau-Experten Hermann Blumer fort. Zudem war die legendäre Landschaftsarchitektin Cornelia Oberlander Teil des Teams, die auch beim Projekt Evergreen Building von Erickson maßgeblich beteiligt war. So konnte die ursprüngliche Vision, die Umgebung maximal einzubeziehen, weiterentwickelt werden, und man spürt eine harmonische Kontinuität zwischen den Gebäuden. Terrace House besteht aus einer Betonkonstruktion für das Podium, den Turm und den Kern sowie aus einer Holzkonstruktion für die dreieckige Spitze des Gebäudes. Das Terrace House wird nach seiner Fertigstellung das höchste hybride Massivholzgebäude der Welt sein. Gleichzeitig setzt das Architekturbüro Shigeru Ban mit dem Bau eine markante Geste bezüglich Vancouvers Engagement für nachhaltiges Design und zukunftsweisende Holzbauweise.


Vielfältiges Portfolio

Innovative und klassische Methoden vereint Francis Kéré Architecture in seinen unterschiedlichen Projekten. Das vielfältige Portfolio des Büros enthält Planungen zwischen Architektur und anderen Disziplinen, von Design und Kunst bis Technologie. Neue Konstruktionsweisen werden mit regionalen Traditionen zusammengespielt und überwinden vorherrschende Normen. Mittels lokaler Ressourcen und partizipativer Entwurfsmethoden entsteht jeweils ein besonderer Bezug zum Ort. Das Burkina Institute of Technology (BIT) besteht aus aneinander gereihten Modulen für Klassen-, Seminar- und Technikräume, die sich zu einem rechteckigen Hof zusammenfügen. Das Projekt entstand als Weiterführung der erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem Stern Stewart Institute, für die Kéré Architecture bereits das benachbarte Lycée Schorge realisiert hatte. Als logische Ergänzung bieten die Gebäude des BIT den Absolventen des Lycée die Möglichkeit, ihre Ausbildung fortzuführen. Das neu errichtete BIT ist optisch durch die filigrane Holzfassade aus Eukalyptus und vor Ort produzierte gegossene Lehmziegel geprägt. Auf dem Campusgelände wurden zudem 1.000 Bäume gepflanzt. In Regionen südlich der Sahara verursacht der Klimawandel rasche Wüstenbildung. Diesem Problem begegnet man unter anderem effizient mit der Anpflanzung von Bäumen - so wird die Bodenerosion gestoppt und die Auswirkungen von Dürre oder Überschwemmungen können eingedämmt werden. Holz ist also nicht nur für die Gebäudehülle, sondern auch in Form lebendiger Bäume von immenser Bedeutung für das Institut. Außerdem spenden sie Schatten und schaffen eine angenehme Atmosphäre. 


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