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Das Wandel-Tal

Das Ourika-Tal ist besonders im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel. Dann ist es kühl, grün und voller Wasser. Im Hintergrund die Kasbah Bab Ourika. (Bild: Laif)

Im Ourika-Tal südlich von Marrakesch tun findige Bewohner alles dafür, dass die Einheimischen nicht wegziehen. Dafür braucht es vor allem eines: Ideen.


Said Ahfouze hatte einen Plan. Er hatte sich alles genau überlegt, nach den richtigen Safranknollen gefahndet und geeignete Landstriche in der Nähe der kleinen Stadt Ourika inspiziert. Rachid Mandili hatte ebenfalls einen Plan. Zusammen mit anderen Männern aus dem Bergdorf Tizi N'Oucheg hatte er alles Notwendige aufgeschrieben, Karten gezeichnet und sich beraten, wo das Geld für einen Umbruch im Dorf aufzutreiben wäre.

"Wir wollten, dass die jungen Leute stolz sind auf ihre Herkunft, auf ihre Berber- oder Amazigh-Kultur", sagt Rachid.

Said und Rachid kennen einander nicht. Dennoch haben die zwei etwas gemeinsam: Sie wollen im Ourika-Tal südlich von Marrakesch eine nachhaltige Veränderung bewirken. Sie wollen, dass die Menschen gerne in diesem Hochtal auf der Nordseite des Hohen Atlas leben - weil sie dort Arbeit haben. Ourika ist zwar seit je ein beliebtes Ziel besonders für einheimische Touristen, weil es dort im Sommer kühl, grün und voller Wasser ist - doch es sollten auch ausländische Besucher kommen.


"Was für ein hartes Leben das hier sein muss, vor allem für die Frauen." Solche Sätze hört Rachid Mandili öfter von Reisenden. "Das hier ist das Paradies", erwidert er dann. "Die Kinder wachsen mitten in der Natur auf, aber wir haben trotzdem alles, was man zum Leben braucht." Noch vor zehn Jahren war das Leben in Rachids Heimat tatsächlich äusserst beschwerlich. Und vor allem gab es damals noch kaum Touristen. Diese verirrten sich nur selten in das schwer erreichbare Bergdorf Tizi N'Oucheg.

Wie andere abgelegene Orte in Marokko hatte damals auch Tizi N'Oucheg ein grosses Problem: Viele junge Leute und ganze Familien zogen weg. Sie gingen nach Marrakesch, wo es Schulen, Busse, Krankenhäuser und Arbeit gibt. Oder gleich ganz ins Ausland, nach Frankreich. Viele kamen nur in den Ferien zurück. Dadurch verschlechterten sich die Lebensbedingungen der Zurückgebliebenen noch weiter. Ohne die Initiative von Rachid wäre das Bergdorf mittlerweile wohl ausgestorben. Dabei gehörte er selbst zu denen, die gingen. Mehrere Jahre lang lebte er als Künstler in Marrakesch und malte Bilder. Doch dann hatte er die Vision, dass die Bergbewohner ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müssten, um ihr Bergdorf lebenswert zu machen. Er kehrte zurück.


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