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Migration über das Mittelmeer: Flucht trotz alledem

Flüchtlinge überwinden im Mai letzten Jahres Grenzzäune in Melilla; Foto: picture-alliance/AP Photo/S. Palacios

Für einige Zeit war es ruhig geworden um Spanien. Weder Ceuta und Melilla noch das spanische Festland gerieten mit neuen Flüchtlingstrecks in die Schlagzeilen. Doch das könnte sich jetzt ändern.

Als er an Weihnachten gegen Abend sein Zelt verlässt, fragt sich der junge Mann aus Burkina Faso, wo er am nächsten Morgen sein wird. Ob er es dann nach Europa geschafft hat? Und in einer Flüchtlingsunterkunft irgendwo in Melilla gelandet sein wird? Vielleicht auch auf der Straße? Oder würde er womöglich an den hohen Grenzzäunen scheitern und von der marokkanischen Polizei geschnappt werden? Diese Gedanken mögen in seinem Kopf umher gekreist sein, als er sich mit einer großen Gruppe von Flüchtlingen aus Afrika südlich der Sahara auf den Weg machte, um die Grenzanlage von Melilla zu bezwingen.

Als eine kleine Mission von Misereor ihn kurze Zeit später trifft, sitzt der Zwanzigjährige mit zwei gebrochenen Beinen im Rollstuhl. Die Leute von dem katholischen Hilfswerk dokumentieren den Fall, doch seinen Namen nennen sie nicht. Auch die anderen Merkmale, die ihn identifizierbar machen könnten, werden nur andeutungsweise aufgegriffen.

Dass er mit vielen anderen gestrandeten Migranten in den Bergen bei Nador wohnt, ist alles, was man sonst noch über ihn erfährt. Und dass er es fast geschafft hätte. Zwei Zäune samt Stacheldraht, Kameras und Sensoren hatte er überwunden, den dritten schon erklommen, bevor ihm der Sprung sechs Meter in die Tiefe zum Verhängnis wird.


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