Astrid Just sitzt am Bildschirm, ihre Klienten auch. Onlinetherapie klapptüberraschend gut in Corona-Zeiten, erzählt sie
STANDARD: Sie sind Familientherapeutin. Die meisten Klienten sind bei Ihnen schon länger in Behandlung. Sie kennen sie also sehr gut. Wie kommt die Onlinetherapie bei ihnen an?
Astrid Just: Viele waren anfangs zögerlich, ich selbst auch. Diese Skepsis hat sich aber gelegt. Insgesamt bin ich positiv überrascht, wie gut meine Klienten dieses Medium annehmen. Inzwischen betreue ich sogar eine fünfköpfige Familie per Videokonferenz. Eine Therapiesitzung, in der sich Menschen gegenübersitzen, kann das jedoch nicht ersetzen.
STANDARD: Was geht online verloren?
Just: Über den Bildschirm lassen sich Gefühle beispielsweise nicht so gut auffangen wie in einer echten zwischenmenschlichen Begegnung. Wenn jemand weint, und ich sitze ihm gegenüber, habe ich mit ihm direkten Blickkontakt und bin physisch anwesend. Online werden wir hingegen vom Bildschirm getrennt. Empathie und Mitgefühl, die in der Therapie so wichtig sind, fühlen sich im direkten Kontakt viel intensiver an. Das ist zumindest meine Wahrnehmung. Wie Klienten das empfinden, müsste man erfragen.
STANDARD: Hat die Onlinetherapie Vorteile?
Just: Auf jeden Fall. Die Behandlungen wegen der Ausgangsbeschränkung plötzlich alle abbrechen zu müssen wäre für viele Klienten schlimm. Onlinetherapien können außerdem auf eine andere Weise sehr privat, also intim werden, wodurch ebenso Nähe entsteht. etc.
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