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Pflegeauszeit: "Meine Mutter in ein Heim zu geben, war keine Option"

Noch nie waren so viele Menschen pflegebedürftig wie heute: 3,5 Millionen Menschen sind es in Deutschland, zwei Drittel von ihnen werden zu Hause versorgt. Doch warum reden Kolleginnen und Freunde über den Kitaplatzmangel, aber nicht darüber, wie schwer ein gutes Pflegeheim zu finden ist? Was hindert Eltern und ihre erwachsenen Kinder daran, ehrlich über ihre Erwartungen zu sprechen? Im Schwerpunkt "Sprechen wir über Pflege" widmen wir uns auf ZEIT ONLINE diesen und weiteren Fragen: Wie es sich anfühlt, über die Zukunft der Mutter zu entscheiden. Was die Belastung der Pflege mit einer Beziehung macht. Und was körperliche Nähe bedeutet, wenn man selbst gepflegt wird.

Hier erzählen drei Angehörige, wie es ist, zu Hause zu pflegen, warum sie für die Pflege ihren Beruf aufgegeben haben und warum die gesetzliche Pflegezeit kaum etwas bringt.

Heide A., 53 Jahre, in Pflegezeit

Ich stehe morgens um 6.30 Uhr auf, mache mir eine Tasse schwarzen Kaffee und rauche eine Zigarette am Fenster. Dieser Moment gehört nur mir. Nach ein paar Minuten vibriert für gewöhnlich das Handy in meiner Tasche, genauer gesagt die Babyfon-App. Dann drücke ich die Zigarette aus, stelle den letzten Rest Kaffee zur Seite und gehe nach nebenan in das Schlafzimmer meiner Mutter. Ich helfe ihr, aufzustehen, gehe mit ihr auf die Toilette, wasche sie und ziehe sie an.

Meine Mutter ist 85 Jahre alt und hatte am 16. Juli 2018 einen Schlaganfall. Im Krankenhaus diagnostizierten die Ärzte Vorhofflimmern und dazu noch Darmkrebs - inoperabel. Drei Monate später, als sie wieder zu Hause war, ist sie im Schlafzimmer gestürzt und hat sich den Oberschenkel gebrochen. Lasse ich sie in ihrem Zimmer allein, bekommt sie oft Angst, fängt an, nach mir zu rufen und versucht, aufzustehen, was sie wegen ihres Oberschenkelbruchs aber nicht darf. Die Ärzte sagen, sie sei dement. Noch erkennt sie mich zum Glück. (...)

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