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Blinddate in der Kantine

Sind Sie mal wieder mit den üblichen Verdächtigen beim Mittagessen? Oder gar alleine? Das Startup Lubu aus Frankfurt will das ändern - mit einer App, über die man spontan neue Leute beim Essen kennenlernen kann


Mittagspause. Wieder die gleichen Gesichter in der Kantine, wieder Geschichten, die man schon mal gehört hat - nett, aber Routine. Oder: Einen Kaffee herunterkippen zwischen zwei Meetings, schweigend, alleine. Das geht besser, finden Luisa und Tarik El Bouyahyani. Die beiden jungen Frankfurter wollen Verabredungen zum Mittagessen oder zum Kaffee vereinfachen und spannender machen - „one coffee and lunch at a time".


„Neue Leute beim Lunch oder einem Kaffee kennenzulernen, ist meist zu umständlich mit herkömmlichen Tools", sagt Tarik El Bouyahyani. Obwohl die Digitalisierung in allen Lebensbereichen zunehme, nutze man die neuen, digitalen Werkzeuge bisher kaum, um sich zum Essen zu verabreden und neue Menschen zu treffen. „Warum?", fragt der 31-jährige Co-Gründer und CEO. Mit seiner App soll es ganz einfach sein: ein Profil, ein paar Klicks - und zack, Mittagessen mit der Personalerin aus dem Büroturm nebenan.


Laut der Studie „So is(s)t Deutschland 2019" im Auftrag des Lebensmittelkonzerns Nestlé isst werktags jeder Zweite alleine zu Mittag. Das sind knapp neun Prozent mehr als noch vor zehn Jahren - nicht ungefährlich, wie koreanische Forscher herausfanden: Mahlzeiten im Alleingang können zu erhöhtem Blutdruck und mehr Bauchfett führen. Lubu soll das verhindern und ganz nebenbei das persönliche und berufliche Netzwerk erweitern - und zwar so: In der App gibt ein Nutzer an, wann er wo essen möchte. Lubu zeigt ihm dann alle Personen an, die dort zu diesem Zeitpunkt auch essen wollen. Der eine Nutzer schickt dem anderen eine Anfrage, die dieser annehmen oder ablehnen kann - ohne langes Hin- und Herschreiben.


Normale Menschen seien zunächst die eigentliche Zielgruppe gewesen, berichtet El Bouyahyani. Dann habe es aber so viel gutes Feedback von Unternehmen gegeben, dass er Lubu zunächst dort etablieren wolle. Denn auch für Unternehmen habe das Konzept Vorteile, wirbt der Gründer. Wenn Mitarbeiter eines Unternehmens sich besser kennenlernten oder mit Kollegen anderer Firmen austauschten, gelinge es, „Silos aufzubrechen, den Wissenstransfer zu fördern und informelle Netzwerke zu stärken."


Unternehmen - das ist auch die Antwort auf die Frage, die sich jedes Gründerteam stellt: Wer zahlt dafür? El Bouyahyani stellt sich einen monatlichen Preis vor, den die Unternehmen für die Nutzung der App zahlen - inklusive exklusiver Gruppen für deren Mitarbeiter. Eine andere Geldquelle sollen Restaurants und Cafés sein, die für eine gute Platzierung in der App zahlen. „Die Gastronomen wollen aber zunächst hohe Nutzerzahlen sehen, bevor sie einsteigen", schränkt El Bouyahyani ein.


Noch steht das Gründerpaar ganz am Anfang. Seit einigen Wochen sind sie zu dritt, haben einen Softwareentwickler ins Boot geholt, der die erste Version der App entwickelt hat. Für das Design war Luisa El Bouyahyani zuständig. Gemeinsam mit dem Büroanbieter We Work haben sie in Frankfurt ein Pilotprojekt gestartet. Dementsprechend ist Lubu auf einige Frankfurter Cafés und Restaurants beschränkt. Wenn es gelingt, die Frankfurter We Work-Mieter zu überzeugen, könnte die App an allen deutschen Standorten des amerikanischen Unternehmens an den Start gehen. We Work als erster großer Kunde - so wünscht es sich El Bouyahyani: „Das wäre ideal."


Die erste Idee zur App kam dem Frankfurter als er in einer Unibibliothek saß und sich darüber ärgerte, dass es so schwierig war, sich mit Freunden zum Essen zu verabreden. Ähnliche Erfahrungen dann als Praktikant bei verschiedenen Unternehmen: Spannende Gesprächspartner und guter Kaffee wären vorhanden gewesen - bloß das Zusammenbringen von beidem war schwierig. „Meine Schwester und ich sind in einer Familie aufgewachsen, in der das Essen einen zentralen Stellenwert hatte und noch immer hat", sagt El Bouyahyani. Deswegen hätten sie beide es nur schwer ertragen können, Menschen alleine essen zu sehen. Also gründeten die Geschwister 2017 ihr Unternehmen.


Gemeinsames Essen ist von großer Bedeutung für die Menschen. Das haben verschiedentlich Studien gezeigt. Während soziale Netzwerke wie Facebook nur oberflächliche Zusammengehörigkeit erzeugen, schafft ein gemeinsames Essen belastbare soziale Bindungen. "Es stellt quasi sozialen Kitt dar", erläuterte Professor Dr. Thomas Ellrott, Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie an der Universitätsmedizin Göttingen, im Gespräch mit dem WDR.


Bisher haben zwei Investoren aus der Marketing-, Kommunikations- und PR-Branche in das Start-up Lubu investiert, wie El Bouyahyani sagt. In fünf Jahren soll aus dem kleinen Unternehmen eine weltumspannende Plattform geworden sein: „Lubu revolutioniert die Art und Weise wie sich Menschen für Kaffee oder Lunch verabreden", ist sich der Frankfurter Gründer sicher.

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