Die 1980er: Eine rücksichtslose Wirtschaftspolitik und eine siechende Crack-Epidemie lähmen die amerikanische Gesellschaft und schaffen eine neue musikalische Spielrichtung: den Gangsterrap. Es dauert nur ein paar Jahre, und ehemalige Drogendealer wie Jay-Z, Notorious BIG und 50 Cent werden zu Rapstars und schließlich sogar zu millionenschweren Geschäftsmännern - nicht zuletzt dank ihrer Erfahrungen im illegalen Metier.
Dabei lernen sie als Dealer vor allem einen Mechanismus -Gewinnmaximierung durch das Ausschalten von Zwischenhändlern. So entstehen die ersten Raplabels in einem bis dahin vom Establishment dominierten Markt. Und Rapper 50 Cent greift Ende der 90er-Jahre auf einen weiteren Move aus dem Drogenbusiness zurück - er überflutet den Markt mit seiner Ware.
Kämpfe ums "Revier"Durch seine kostenlosen Mixtapes maximiert 50 Cent seinen Output und wird so zum erfolgreichsten Newcomer der Nuller Jahre. Die breite Fanbase wird mit Stoff versorgt. Das Internet potenziert später diese Entwicklung. Gleichzeitig etablieren sich gangartige Musikercliquen um die Rapstars - und es gibt überall da Stress, wo um Absatzmärkte gestritten wird.
Auch in Deutschland orientiert man sich inzwischen gerne an diesem Modell - wer braucht noch einen Mittelsmann? Raplabels wie Azzlackz und Selfmade Records veröffentlichen Top-10-Alben in Eigenregie. Dabei haben klassische Medienkanäle wie Radio und Fernsehen an Bedeutung verloren - über Youtube und Facebook erreicht man Kunden auf direktem Weg.
Selbstvermarktung im NetzMixtapes zum freien Download, ungeschnittene Straßenvideos und eigene Online-TV-Formate: Kollegah präsentiert im Netz die "Bosshaft Latenight" und Celo und Abdi nennen ihre Sendung "Abgezockt". Auch in Sachen Merchandise arbeitet man in die eigene Tasche - so wie Haftbefehl, der sich von der Marke "Thug Life" gelöst hat und jetzt mit seiner eigenen Klamottenmarke "Chabos" an den Start kommt.
Ehemalige Straßen-BWLer haben das Rapgeschäft also schon immer mit ihren Ideen geprägt. So wertvoll sind die Skills aus dem Gangster-Milieu, dass inzwischen auch die Rapper aus der sozialen Mittelklasse davon lernen: Das Cro-Label Chimperator zum Beispiel übernimmt die Marketing-Skills von der Straße und erweitert sie um eigene Ansätze. Und auch der Augsburger Rapper eRRdeKa launcht ohne Mittelsmann ein Klamottenlabel, bevor überhaupt ein Debütalbum kommt.
Die beste Lehre für die Musikwirtschaft ist also offenbar keine Betriebswirtschaft - fünf Staffeln "Breaking Bad" zum Beispiel dürften deutlich nützlicher sein...