1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Ein Azubi, der noch viel vor hat

Ein Azubi, der noch viel vor hat

Youssef Youssef lernt Kfz-Mechatroniker. Der Anfang war schwierig. Doch nun steht hinter dem Syrer ein großes Netzwerk. Von der Gruppe profitieren auch andere.

Für Autos hat sich Youssef Youssef schon immer interessiert. Die Technik fasziniert den Syrer. Der 31-Jährige aus Bad Essen sitzt außerdem gern hinter dem Steuer. Sein nächstes Ziel ist der Gesellenbrief als Kfz-Mechatroniker. Derzeit absolviert er das dritte Ausbildungsjahr. „Eine Ausbildung ist in Deutschland ganz wichtig“, stellt der Familienvater fest. „Für einen sicheren und guten Arbeitsplatz ist es besser, wenn jemand eine abgeschlossene Lehre hat.“

„Der Anfang war schwierig“, gibt Youssef Youssef zu. „Man muss immer fleißig bleiben und Geduld haben und mit etwas Unterstützung geht es immer weiter Schritt für Schritt.“ Hilfe bekommen hat der Syrer von seinem Arbeitgeber und den Kollegen im Autohaus Weitkamp in Levern, seinem Klassenlehrer am Berufskolleg in Lübbecke und dem Verein Offene Kommune (OK) Bad Essen. Zusätzlich ist der 31-Jährige selbst aktiv geworden.

Über Facebook hat Youssef Youssef Auszubildende als Kfz-Mechatroniker für einen Austausch in einer WhatsApp-Gruppe gesucht. Die Resonanz hat ihn mehr als überrascht. Inzwischen hat die Gruppe 256 Mitglieder. Es sind Syrer hauptsächlich aus Nordrhein-Westfalen aber auch aus Bayern oder Hamburg. „Es würden gern noch mehr mitmachen“, weiß Youssef Youssef. Das sei aber rein technisch nicht möglich.

„Jeder kann in der Gruppe Fragen stellen, zum Beispiel, wenn man etwas in der Berufsschule nicht verstanden hat“, erläutert Youssef Youssef. „Wenn Fragen im großen Kreis diskutiert werden, dann haben alle etwas davon.“ Manche in der Gruppe hätten Abitur und könnten gut Mathematik oder Physik. Davon profitierten die anderen. Neben den fachlichen Inhalten spielt die gegenseitige Motivation eine wichtige Rolle. Die hatte Youssef Youssef zwischendurch auch nötig.

Im August 2015 kam der Syrer als Flüchtling nach Deutschland. Seine Frau und sein Sohn blieben zunächst zurück. „Das war für mich schwierig. Beide waren lange in der Türkei und in Griechenland“, berichtet der 31-Jährige. Als im Dezember 2017 die Familie endlich in Deutschland wieder vereint war, sei das für ihn wie ein Befreiungsschlag gewesen.

Schon 2016 ist Youssef Youssef mit einem Praktikum im Autohaus Weitkamp gestartet. Danach hat er dort als technische Hilfskraft gearbeitet. Das Thema Ausbildung stand bald im Raum. „Das war da aber noch zu schwer für mich. Ich konnte zwar genügend Deutsch sprechen und verstehen, aber Schreiben und Grammatik waren noch schwierig“, berichtet der 31-Jährige. 2019 hat er dann seine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker in Levern begonnen.

„Für die Zwischenprüfung haben wir in einer separaten WhatsApp-Gruppe zusammen gelernt und uns per Zoom-Meeting getroffen“, berichtet der angehende Kfz-Mechatroniker. Die Zwischenprüfung habe bei allen gut geklappt, auch bei ihm. „Das dritte Lehrjahr habe ich mit Power angefangen“, sagt Youssef Youssef. Das bestätigt sein Chef, Jan Weitkamp. „Mit seinen Noten gehört er zu den Besten.“

Jan Weitkamp muss nicht lange überlegen, was den Syrer ausmacht. „Sein Engagement, sein Wille etwas zu erreichen, weiterzukommen, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit und eine extrem hohe Loyalität – das sind alles Dinge, die ich mit Youssef verbinde“, unterstreicht der Chef des Autohauses. Über die Jahre sei ein ganz besonderes Verhältnis entstanden. „Man zittert und fiebert mit und versucht zu unterstützen.“ Dafür brauche es jedoch ein gutes Netzwerk aus vielen Bereichen.

„Der Aufwand ist immens, selbst wenn jemand so engagiert ist wie Youssef“, verdeutlicht Jan Weitkamp. „Trotzdem machen wir das gern, vor allem wenn man sieht, was dabei herauskommt.“ Am Ende profitieren beide Seiten. „Die Mitarbeiter hat das zusammengeschweißt und in der Sozialkompetenz gestärkt“, stellt Jan Weitkamp fest. „Man muss aber aufpassen, dass man sich nicht zu viel zumutet.“

Mit dem Gesellenbrief sind die Ziele des Syrers noch nicht erreicht. „Wenn möglich möchte ich die Meisterprüfung machen, eventuell in Zukunft selbstständig arbeiten und gegebenenfalls junge Menschen ausbilden“, erklärt Youssef Youssef, der sich inzwischen auch im THW Ortsverein Bad Essen engagiert. Zunächst einmal gilt es jedoch 2022 die Abschlussprüfung gut zu bestehen. Über sein Netzwerk wird er dafür bestimmt geeignete Lernpartner finden.