Ein völlig neues Wandergefühl: nackt oder barfuß unterwegs | © Wassiliy, iStock
Nacktwandern
Haben Sie schon einmal Nacktwanderer gesehen? Splitterfasernackt –
bis auf einen Rucksack und die Wanderstiefel – gibt das ein herrliches
Bild ab. Weil sich aber manche durch deren Anblick belästigt fühlen,
wurden für die Ausübung dieser FKK-Sportart schon spezielle Wege
eingerichtet. Zum Beispiel der 18 Kilometer lange Harzer
Naturistensteig, Deutschlands erster offizieller Nacktwanderweg im
Wippertal. Der warnt auch alle schreckhaften Unbeteiligten mit
Hinweisschildern: „Willst Du keine Nackten sehen, darfst du hier nicht
weitergehen.“ Wer sich genauer über die rechtliche Situation informieren
oder zuvor ein paar Unsicherheiten abbauen möchte, ist mit dem
Outdoor-Führer „Nacktwandern“ von Nicole Wunram gut beraten.
Barfußwandern
Einen regelrechten Boom erlebt das Barfußwandern. Spezielle Barfußpfade – in Deutschland
gibt es bereits etliche hundert davon – erleichtern den Einstieg: Wie
fühlt es sich an, auf verschiedenen Materialien unterwegs zu sein? Wie
lange halte ich das überhaupt durch? Wie viel Kilometer sind an einem
Tag für mich zu schaffen? Wer diese Fragen für sich beantwortet hat,
kann jede beliebige Berg- oder Wandertour „unten ohne“ angehen.
Selbstverständlich gibt es auch hier geeignete und weniger geeignete
Wege – und viele Tipps dazu im Internet. Aber dass Gras angenehmer ist
als eine kleinsplittrige Forststraße lässt sich auch schnell durch
„learning by doing“ erfahren …
Angenehmer Nebeneffekt des
Barfußlaufens: eine kostenlose Fußmassage und eine Stärkung des
Immunsystems. Kinder sind außerdem leicht zu motivieren dafür, weshalb
es sich für die ganze Familie eignet.
Rückwärtswandern
Etwas skurriler ist der Trend, rückwärts zu wandern. Die Bewegung
entstammt dem so genannten „Retrorunning“, einer Sportart, die bereits
im 19. Jahrhundert ausgeübt, aber erst 2001 durch Roland Wegner wieder
populär wurde. Er ist Weltmeister im Rückwärtslaufen und betont die
gesundheitlichen Vorteile des Retrorunnings: Hüft- und Rückenmuskulatur
werden gestärkt, während die Kniegelenke geschont werden. Das
Rückwärtswandern hat aber auch noch eine soziale Komponente:
Idealerweise tut man sich mit einem „Vorwärtsläufer“ zusammen, der einen
über anstehende Hindernisse informiert. So kann man sich während der
gesamten Wanderung in die Augen schauen.
24-Stunden-Wanderungen
Nicht um Geschwindigkeit geht es hier, auch nicht um anspruchsvolles Bergsteigen, sondern allein darum, den inneren Schweinehund zu besiegen. Denn 24 Stunden können ganz schön lang werden, zumal ja auch noch kräftig marschiert werden muss. Kurze Regenerations- sowie Verpflegungspausen sind erlaubt, Schlafen nicht. Das hat so manchen Teilnehmer schon zu allerhand Flüchen hinreißen lassen – die sich im Ziel dann aber in beglückendste Endorphine auflösen. Denn die intensiven Erlebnisse bleiben lange haften: die nächtliche Stimmung in der Natur, die Freude über kleine Pausen und die hartnäckige innere Stimme, die einen zum Durchhalten motiviert hat.
Wandern durchs Atomkraftwerk
Ein wahrhaft „strahlender“ Wanderweg führt durch das Gelände des Atomkraftwerks Neckarwestheim,
das in den 1970er-Jahren ein Stück des historischen Treidelpfads
entlang der Neckar vereinnahmt hat. Ein altes Wegerecht garantiert
Wanderern und Radfahrern jedoch den Durchgang, sodass sie dem alten
Uferpfad zwischen Neckarwestheim und Gemmrigheim weiterhin folgen
können. Über das Werksgelände allerdings nur mit Begleitschutz: Mit
einer extra dafür eingerichteten Klingel wird der Sicherheitsdienst
gerufen, der einen bis zum Ausgang am anderen Ende begleitet. Ein
Nervenkitzel der besonderen Art. Ruhig und beschaulich dagegen gibt sich
der idyllische Weiterweg am Flussufer entlang.
Grenzwandern
Die ehemalige Grenze zur DDR präsentiert sich heute als so genanntes
„Grünes Band“, das nicht nur mit Geschichte satt, sondern auch mit viel
Natur aufwartet. Alte Grenztürme und Beobachtungsbunker erinnern an die
Zeit des Grauens, als der Todesstreifen noch zahlreiche Opfer forderte,
die in den Westen entkommen wollten. Inzwischen ist daraus ein
Lebensraum entstanden, in dem seltene Tiere und Pflanzen eine Heimat
gefunden haben. Und Naturliebhaber sich daran freuen können.
Meridian-Wandern
Warum nicht einfach mal einem Längengrad nach oben oder unten folgen?
Diese Überlegung haben schon mehrere Wanderer angestellt und sich auf
den Weg gemacht. Dank GPS ist die Herausforderung auch relativ gut zu
meistern – je nachdem, wie genau man sich an den ausgesuchten Längengrad
hält. Um Privatgrundstücke muss man natürlich einen Bogen machen und
bei Flüssen nach einem geeigneten Übergang suchen oder improvisieren.
Aber wer es ein bisschen lockerer sieht, findet in unmittelbarer
Umgebung garantiert den ein oder anderen unbekannten und lohnenswerten
Wanderweg.
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von Solveig Michelsen