Ohne Wahlkampfstand und ohne Plakate wollen die Unipiraten, die Newcomer der diesjährigen ÖH-Wahl, auf sich aufmerksam machen. Nur ein violetter Button mit einer Piratenflagge und ein zweiter mit einem Piratenschiff weisen auf die Fraktion von Marcus Hohenecker hin. Der Spitzenkandidat der Unipiraten hat die Flyer, die er vor der Uni Wien und dem Juridicum verteilt, aus der eigenen Tasche bezahlt. "Wir bekommen nicht wie andere Fraktionen 10.000 Euro von der Mutterpartei - wir haben überhaupt kein Geld", erklärt der 25-jährige Unipirat, der auch in der Piratenpartei Österreich aktiv ist.
Wegen der geringen Ressourcen setze man zwangsläufig auf Onlinewahlkampf, was jedoch ebenfalls aufgrund zu weniger finanzieller Möglichkeiten schwierig sei. "Wir hoffen, dass sich die piratische Idee mittlerweile verbreitet hat und die Studierenden nicht nach Plakat wählen", so Hohenecker.
Mit dem Wortspiel "Klar machen zum Ändern" wollen die Unipiraten die Hochschulpolitik entern - ihre wichtigste Forderung hierbei: Liquid Democracy. Diese soll auf der ÖH-Ebene eingeführt werden, um "bessere Entscheidungen im Interesse der Studierenden zu ermöglichen". Direkte Demokratie, mehr Transparenz, weniger Hürden stehen im Vordergrund des Wahlprogramms. Hürden abbauen wollen die Unipiraten auch in puncto barrierefreies Studieren. Hier wird auf die Ausweitung des E-Learning Angebots gesetzt - für Hohenecker ist es nicht mehr zeitgemäß, dass "20 Jahre, nachdem das Internet eintwickelt wurde, in vielen Studienrichtungen noch immer keine Online-Vorlesungen angeboten werden".
Wettbewerb innovativer IdeenDer Weg der Unipiraten zur ÖH-Wahl war kein leichter: Die Wahlkommission beschloss kurz vor dem Auslaufen der Einreichungsfrist, dass die Fraktion nicht als Listenverband antreten dürfe - mit der Begründung, dass ein Formular scheinbar nicht richtig ausgefüllt wurde. "Dieses Formular hat keine gesetzliche Grundlage", sagt Jusstudent Hohenecker, der im Zuge dessen eine Aufsichtsbeschwerde an den Bundesminister, sowie eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde geschrieben hat. Erst beim zweiten Anlauf habe es geklappt. "Das ist armselig. Ich komme mir vor, als wäre Demokratie in Österreich ein Gnadenakt", kritisiert der Spitzenkandidat der Unipiraten, die bundesweit an sechs Universitäten und als Listenverband kandidieren.
"Auf der Uni gibt es entweder ganz rechte oder ganz linke Fraktionen", meint Hohenecker. Die Unipiraten wollen dem entgegensteuern, indem sie sich als Plattform verstehen, an der jeder Studierender aktiv teilnehmen kann.
Eine Koalition schließe man mit keiner Fraktion aus, da man der Ansicht ist, dass "alle Fraktionen gute Ideen" haben und man somit eine themenorientierte und keine "ideologieaufgeladene" ÖH-Politik führen sollte.
Zuversicht in Hinblick auf WahlergebnisAuf der Ebene der Bundespolitik gelten die Piraten als potenzielle Partei für Protestwähler. Hohenecker, ebenfalls Mitglied des Bundesvorstands der Piratenpartei in Österreich, sieht die Unipiraten nicht als Protestfraktion. "Es ist gut, wenn man uns aufgrund unserer Inhalte wählt, aber auch, wenn man sich aus Protest für uns entscheidet, hat man etwas Gutes getan", meint der Unipirat schmunzelnd.
Bis zur Wahl dauert es jedoch noch ein paar Tage. Aufgrund von Prüfungsstress hat sich der Wahlkampf der Unipiraten verschoben und man beginnt nun allmählich Stimmen zu sammeln - der Fokus des Wahlkampfs legt sich jedoch auf die letzten paar Tage vor der Wahl. Bis jetzt war das Feedback der Studierenden laut Hohenecker positiv, auch wenn "die Vorbeigehenden oft keine Zeit haben". Man habe aber auch schon negative Erfahrungen im Umgang der anderen Parteien gemacht.
Während der Spitzenkandidat vor dem Juridicum Flyer verteilte, wurde er von einem Mitglied der Aktionsgemeischaft darauf hingewiesen, dass er hier keine Flyer verteilen dürfe, da dies "ihr Platz sei". Für ihn sei das eine "Diskriminierung von Kleinstparteien" - Hohenecker ist jedoch zuversichtlich, was die Wahl betrifft: "Aufgrund des Wahlsystems bin ich davon überzeugt, dass wir den Einzug in die Bundesvertretung schaffen werden."
(Selina Thaler, derStandard.at, 8.5.2013)