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Experten bewerten: Lohnt es sich, Waschmittel selbst herzustellen?

Von Selina Oberpriller, dpa

Das Selbermachen statt Kaufen boomt - aus Lust aufs Ausprobieren und für den Umweltschutz. Was taugen eigentlichen Formeln für Waschmittel-Mischungen, die man zu Hause zusammenrühren kann?

Berlin (dpa/tmn) - Das Internet ist voll mit Anleitungen zum Selbermachen von Waschmitteln. Sie sollen umweltschonender, plastiksparender und auch noch billiger als die herkömmlichen Mittel aus der Drogerie sein. Doch was können die DIY-Produkte wirklich?

Welche Vorteile hat das Selbstherstellen von Waschmitteln?

«Erstmal spart man ganz viel Transportgewicht», sagt Rolf Buschmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Denn Reiniger enthalten bis zu 90 Prozent Wasser, das immer mittransportiert werden muss. «Wasser kommt aber auch zu Hause aus der Leitung.»

Außerdem spare man die Plastikverpackung ein, in der konventionelle Produkte meist verkauft werden, und «man greift bei der eigenen Herstellung in der Regel auf Naturprodukte zurück, die im natürlichen Kreislauf besser abbaubar sind», so Buschmann weiter.

Sind konventionelle Waschmittel also eher umweltschädlich?

Per se lässt sich das nicht sagen. «Die waschaktiven Substanzen - genannt Tenside, die in Waschmitteln enthalten sind - müssen genau wie Seife vollständig biologisch abbaubar sein, um in der EU eingesetzt werden zu dürfen», sagt Bernd Glassl vom Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW).

Diese Regelung gilt jedoch nicht für andere Inhaltsstoffe wie Duftstoffe oder optische Aufheller, hält Jörg Döbereiner von der Zeitschrift «Öko-Test» dagegen. Auch wasserlösliche Kunststoffverbindungen können mit dem Abwasser in die Umwelt gelangen und stehen im Verdacht, schädlich für diese zu sein. In Waschmitteln dienen sie zum Beispiel zur Schaumreduzierung.

2019 hat die Zeitschrift «Öko-Test» 26 Vollwaschmittel getestet, nur vier davon enthielten keine dieser Verbindungen. «Die Kläranlagen filtern zwar einen Teil davon heraus, aber dieser kann mit dem Klärschlamm als Dünger auf die Felder gelangen», erklärt Döbereiner. Bei der eigenen Herstellung könne man diese Stoffe bewusst weglassen. Denn auch Waschmittel ohne lösliche Kunststoffverbindungen erzielen im Test ein gutes Waschergebnis.

Sind selbst gemachte Mittel besser verträglich für den Körper als konventionelle?

«Das kann man so pauschal nicht sagen», sagt Silvia Pleschka vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB). Normalerweise sollen nach dem Waschen keine Waschmittelreste auf der Kleidung zurückbleiben. Deshalb rufen konventionelle Waschmittel Allergien nur bei einer Überdosierung hervor.

Bei der eigenen Herstellung dagegen hantiere man mit den Bestandteilen in höher konzentrierter Form, führt Pleschka aus. Das sei für Allergiker deutlich riskanter, als das vorgefertigte Waschmittel in das Dosierfach der Waschmaschine zu geben. Außerdem gebe es keine konkreten Angaben zur Dosierung wie bei gekauften Mitteln. Dennoch könne man zum Beispiel Duftstoffe, von denen man weiß, dass man allergisch auf sie reagiert, bewusst weglassen.

Worauf muss beim Selbermachen noch geachtet werden?

Da die Konservierungsstoffe wegfallen, ist die Haltbarkeit der Produkte begrenzt. «Ein Naturprodukt kann sich zum Beispiel verfärben oder sogar Schimmel bilden», sagt Buschmann. Deshalb rät er, häufiger - etwa alle paar Wochen - kleinere Mengen herzustellen und diese kühl - zum Beispiel im Kühlschrank - zu lagern. Wenn sich die Seife im Waschmittel absetzt, könne man dies auch aufschütteln oder nochmals erwärmen, um es wieder nutzen zu können.

Glassl rät davon ab, Essig hinzuzufügen. «Dieser kann in Bereiche der Waschmaschine gelangen, in die Waschmittel oder Weichspüler nicht kommen und dort Metall- und Kunststoffteile angreifen.»

Ist es preisgünstiger, Waschmittel selbst herzustellen?

Die Rechnung muss man individuell je nach gekauftem Produkt oder den einzelnen Bestandteilen aufmachen. Aber neben dem Preis der einzelnen Bestandteile und dem Aufwand der Herstellung müsse man auch die Energiekosten berücksichtigen, informiert Glassl vom IKW. «Etwa, wenn eine Wäsche nicht mehr bei 30 oder 40 Grad, sondern bei 60 Grad gewaschen werden muss, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.»

Wie wirksam sind selbst gemachte im Vergleich zu konventionellen Mitteln?

Hierzu gibt es verschiedene Aussagen. Laut dem Experten der Waschmittel-Branche, Bernd Glassl, ist die Wirkung von selbsthergestellten Waschmitteln geringer als die der konventionellen. «Die Tenside, die in Waschmitteln verwendet werden, haben eine wesentlich größere Waschwirkung als Seife.» Außerdem enthalten konventionelle Waschmittel Enzyme, die schon bei niedrigen Temperaturen spezifisch gegen bestimmte Schmutzarten wie Fett wirken.

Für den Umweltschützer Buschmann ist es hingegen eine Frage des Anspruchs. Sei dieser «je weißer, desto besser», werde man mit den selbst gemachten Produkten nicht glücklich. Die waschaktiven Substanzen in Kernseife oder Kastanien entfernen allerdings den Schmutz. Und geruchsbildende Bakterien werden beim Waschen ab 60 Grad abgetötet. Für normal dreckige Wäsche sei dies völlig ausreichend.

Im Endeffekt ist es also Abwägungssache, ob einem die umweltfreundlichere Alternative den Aufwand der eigenen Herstellung wert ist. «Das in der Familie auszuprobieren macht Spaß, und die Kinder lernen, was hinter den Produkten steckt, die man sonst in der Drogerie kauft», findet Buschmann.


Zu Hause zusammenrühren: Rezepte für selbst gemachte Waschmittel

Schwierig ist die Zusammenstellung von Zutaten für ein Waschmittel Marke Selbst gemacht nicht. Der BUND nennt zwei Beispiele: Einmal mit Kernseife und einmal mit Kastanien vom Baum im Garten.

Berlin (dpa/tmn) - Das Herstellen von Waschmitteln ist ein bisschen wie Kochen. So braucht man für das Rezept von Rolf Buschmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) eine Küchenreibe.

Formel für ein Flüssigwaschmittel:

Etwa 30 Gramm Kernseife zerkleinern, zum Beispiel mit Hilfe einer Küchenreibe. Nach Bedarf vier Esslöffel Waschsoda als Wasserenthärter hinzugeben. «Konventionelle Waschmittel enthalten fast immer Enthärter, allerdings ist die Wasserhärte von Ort zu Ort unterschiedlich und ein Enthärter dementsprechend häufig gar nicht nötig», erklärt Buschmann.

Die Seife nun mit zwei Litern kochendem Wasser aufgießen und verrühren, bis sie sich aufgelöst hat. Ist die Mischung abgekühlt, können noch ätherische Öle für einen frischen Duft hinzukommen.

Anleitung für Waschkastanien:

Eine Alternative zu üblichen Waschmitteln sind die Früchte der Rosskastanie. Sie besitzen viele sogenannte Saponine - Substanzen, die unter Zugabe von Wasser schäumen. Der Vorteil zu den Waschnüssen, die aus Indien stammen: «Sie sind kostenlos direkt vor der Haustür zu finden, und man spart den langen Transport um den halben Erdball ein», sagt Buschmann.

Die Anleitung ist prinzipiell die gleiche wie beim Flüssigwaschmittel, nur dass die Kernseife durch die Kastanien ersetzt wird. Diese werden nach dem Sammeln erst getrocknet und dann zum Beispiel mit Hilfe eines Hammers zerkleinert.

Die Kastanien nun über Nacht in Wasser einlegen. «Wenn das Wasser schäumt, erkennt man, dass die Saponine freigesetzt wurden», so Buschmann. Am nächsten Tag lässt sich die Flüssigkeit zum Beispiel mit einem Kaffeefilter filtern, um Kastanienreste in der Wäsche zu vermeiden. Optional wieder Soda und ätherisches Öl hinzugeben werden.

Allerdings sollte man mit Rosskastanien keine weiße Wäsche waschen, warnt Buschmann. Denn als Naturprodukt können sie einen leichten Gelbstich hinterlassen.