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Im Dortmunder Norden schmeckt das Bier auch ohne Klopp | VICE Sports

In Dortmund hat man beinahe vergessen, dass es in der Bundesliga so was wie Trainerwechsel gibt. Jürgen Klopp übte das Traineramt bei Borussia Dortmund seit 2008 aus. Unter den Bundesligatrainern ist er der Dinosaurier. Die Länge der Amtszeit von Klopp hat bei den BVB-Fans einige Emotionen ausgelöst. Ein guter Grund also für eine Tour durch Dortmunder Kneipen.

Der „Hubertus Grill", an dem sich Fans vor Heimspielen der Borussia noch stärken, hat am Mittwochabend geschlossen. Ein Schild „Wegen Trainerwechsel geschlossen" fehlt am Imbiss. Ein Mittwoch ohne Heimspiel verspricht offenbar nicht die gewünschten Einnahmen. Nur wenige Meter von Hubertus entfernt ist das „Kumpel Erich", mitten im alternativ-bürgerlichen Kreuzviertel verspricht der Name Ruhrpott-Flair und Fußballfachsimpelei. Drinnen ist davon leider nichts zu spüren. Auf einer Leinwand läuft Bayern gegen Porto, eine Handvoll Menschen schaut sich das Spiel an. Sie sitzen gesittet an Tischen und genießen ihr Bier. Man muss auch Biergenießer sein, um in das „Kumpel Erich" zu gehen. Hier stehen Bierspezialitäten auf der Karte. IPA, Ale und Importe aus verschiedenen Ländern werden angeboten. Unter 3,90€ gibt es hier nichts zu trinken. Beim Anschlusstreffer der Bayern freuen sich die Leute. Eine richtige Borussenkneipe kann der Laden nicht sein.Also weiter in die Nordstadt. Hier mischen sich Studenten, Migranten und alteingesessene Dortmunder. Das „Subrosa" ist das Urgestein der studentischen Kultur im Dortmunder Norden. An Spieltagen platzt die Hafenkneipe aus allen Nähten. Am Abend von Jürgen Klopps Kündigung ist es hier eher leer, Fußball ist kein Thema.

Im Profifußball gibt es keine Echte Liebe

Wenn man Menschen treffen will, die sich mit der aktuellen Situation des BVB befassen, muss es dann wohl doch eher die klassische Eckkneipe sein. Vom Borsigplatz einmal quer durch den Norden. Der Borsigplatz ist ein riesiger Kreisverkehr, der von einer Straßenbahnlinie durchzogen wird. Die Gründerzeitgebäude um den Platz beherbergen Dönerbuden, Kioske und Leerstände. Hier wurde Borussia Dortmund im Jahr 1909 gegründet. BVB-Fahnen und ein großes Banner weisen auf die schwarz-gelbe Geschichte des Platzes hin. Eine richtige Fankneipe ist nicht in Sicht. Also weiter auf der Suche nach einer Ruhrpottkneipe. „Zum alten Schloß" ist der gesuchte Ort.

Vier Männer um die 70 sitzen an der Theke. Der bayerischstämmige Dortmunder muss wohl einige Plätze abseits sitzen. Ein Bier bekommt man erst nach einigen Minuten, der Wirt ist in der Küche, obwohl es kein Essen in der Gaststätte gibt. Mit Klopps Ende sind Gast Erwin und seine Freunde ganz zufrieden. Der BVB hätte nicht Nuri Sahin und Shinji Kagawa zurückholen dürfen, sagt einer der Männer. Damit begann seiner Meinung nach der langsame Verfall bei Borussia. Der griechische Wirt der Kneipe schlägt einen Landsmann als Trainer vor, erntet dafür aber lediglich Gelächter. Das Bier hier ist frisch gezapftes Pils für 1,20€, leider ein bisschen zu warm.

Im „Ernies" hat das Pils das selbe Preisniveau. Der Laden am Rand des kleinen Rotlichtviertels im Dortmunder Norden ist in der Stadt eine Legende. BVB-Fahnen, Plakate, Becher und noch mehr zieren die Kneipe. Am Wochenende verlässt fast niemand die Kneipe im aufrechten Gang. Der aufrechte Gang ist auch Thema eines Plakates an der Wand. Die Entwicklung vom Affen zum Menschen ist abgebildet und mit Vereinslogos zu sehen. Den Affen ziert ein Schalke-Logo. Dann kommen Bayern, Hoffenheim und der VFL Bochum. Die Krönung der Schöpfung ist natürlich der BVB. Die beiden Gäste im „Ernies" interessieren sich nicht für Fußball. Wirtin Ute ist traurig, dass Kloppo den BVB verlässt und gönnt sich erst mal ein Schnäpschen.

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Der „Thüringer Hof" liegt an der Mallinckrodstraße, der zentralen Achse der Nordstadt. Hier sitzen drei Männer und eine Frau im Rentenalter an der Theke. Die Wirtin reicht den Stammgästen Korn und Kümmerling zum Bier. Die BVB-Devotionalien sind hier dezenter angebracht. Hier ist der BVB Thema. Es wird über einen neuen Trainer spekuliert. Udo kündigt an: „Wenn der Tuchel kommt, kündige ich mein Sky-Abo." Der Wirtin ist Tuchel egal. Sie sagt, einer müsse den Job ja machen. Ein anderer Gast ist der Meinung, man hätte Mats Hummels und Ilkay Gündogan am Saisonende abgeben müssen. Dann hätte Klopp Trainer bleiben können. Alle hoffen, dass die Borussia die aktuelle Saison ordentlich zu Ende spielt. Das Bier im „Thüringer Hof" ist kalt, frisch und kostet nur 1,30€.

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