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Tim Müller, 25, Feuerwehrmann, hält im Löschfahrzeug Abstand - DER SPIEGEL - Panorama

Helden des Corona-Alltags Tim Müller, 25, Feuerwehrmann, hält im Löschfahrzeug Abstand

Das öffentliche Leben steht still, doch einige Menschen halten die Gesellschaft am Laufen. Hier kommen sie zu Wort.

Aufgezeichnet von Sebastian Späth

Mehr als eine Million Männer und Frauen sind in Deutschland in der Feuerwehr aktiv, mehr als 90 Prozent davon ehrenamtlich. Sie löschen nicht nur Brände, sondern helfen auch im Notstand und bei Unfällen.
In einigen Gemeinden in Deutschland, etwa im baden-württembergischen Höfen, liegen wegen einzelnen Corona-Fällen die Feuerwehren bereits lahm. Dort müssen die Kollegen aus den Nachbarorten einspringen. Das ist ein zusätzliches Sicherheitsrisiko, viele Trupps stoßen bereits an ihre Belastungsgrenze. Für die Feuerwehren im Land gelten daher ab sofort besondere Vorsichtsmaßnahmen. Das soll sicherstellen, dass deren Einsatzbereitschaft erhalten bleibt. Tim Müller, 25, Werkfeuerwehrmann bei Mercedes-Benz und Truppführer der Freiwilligen Feuerwehr in Rauental, einem Stadtteil von Rastatt in Baden-Württemberg

"Als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr gehöre ich dem Krisenstab an, wir wurden von der Stadt gebeten, möglichst allen öffentlichen Veranstaltungen fern zu bleiben, auch privaten, wie Geburtstagen. Alle unsere Einsatzproben sind ebenfalls bis auf weiteres abgesagt. Jegliche Ansteckungsgefahr sollen wir vermeiden.

Ich habe habe jetzt auch mein Einkaufsverhalten geändert, mache nur noch einmal die Woche einen Großeinkauf, um so wenige soziale Kontakte wie möglich zu haben. Ich will ja in jedem Fall einsatzfähig bleiben, denn ich habe eine Verpflichtung in meinem Beruf als Werkfeuerwehrmann, und auch in meiner ehrenamtlichen Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr.

Dort hat sich am stärksten unsere sogenannte Ausrückverordnung geändert. Unsere Löschfahrzeuge sind jetzt nur noch mit vier statt mit neun Mann Besatzung unterwegs, damit wir im Auto möglichst großen Abstand zueinander haben, um auf dem Weg zum Einsatz keine Infektion zu riskieren. Das heißt, wir müssen jetzt immer mit zwei Fahrzeugen ausrücken, damit eine Staffel komplett ist.

Wir haben die Anweisung, dass jeder, der Symptome hat, in einem Gefahrengebiet war, oder Kontakt zu Infizierten hatte, nicht mehr an den Einsätzen teilnehmen darf. Seit vergangener Woche haben wir außerdem spezielle Schutzanzüge. Einer meiner Kameraden musste sich bereits in Quarantäne begeben, er war im Skiurlaub in Südtirol. Jetzt sind wir nur noch 29.

Ich sage, das Leben muss weitergehen. Die Zahl der Verkehrstoten auf deutschen Straßen ist immer noch viel höher, als die der Toten durch das Virus. Aber es ist ein unsichtbarer Gegner, das ängstigt mich am meisten."

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