1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Usermind will digitale Schaufensterbummler in zahlende Kunden verwandeln

Die beiden Usermind-Gründer Sven Dreißigacker (links) und Phillip Groschup. Foto: Sebastian Schwarz/B4BMAINFRANKEN

Wer erfolgreich etwas über das Internet verkaufen will, der braucht mehr als nur möglichst viele Besucher auf seiner Homepage. Damit das Geschäft läuft, müssen die digitalen Schaufensterbummler auch irgendwie in zahlende Kunden verwandelt werden. Wie dies möglichst effizient gelingt, damit beschäftigt sich das Startup Usermind aus Rimpar bei Würzburg.

Die beiden Gründer Sven Dreißigacker und Phillip Groschup sind Spezialisten für die sogenannte Conversion-Optimierung. „Darunter versteht man, bei gleichbleibenden Nutzerzahlen auf einer Homepage mehr Nutzer zu einer bestimmten Handlung, etwa einem Kauf, zu bewegen", erläutert Sven Dreißigacker. Damit diese Konversion von Besuchern zu Kunden gelingt, setzt Usermind auf ein mächtiges Werkzeug: die Psychologie. „Wir sind sehr stark darin, Zielgruppen zu identifizieren und mit der richtigen Kommunikation anzusprechen", beschreibt Dreißigacker das Alleinstellungsmerkmal, mit dem sich das zweiköpfige Team von der Konkurrenz abheben will. „Den Einsatz von psychologischen Verfahren beherrschen nicht viele, und bei den meisten ist der Reifegrad noch niedrig", so der Onlinemarketing-Experte.

Mit ihrem Ansatz wollen die Würzburger ein Thema besetzen, das für viele Händler im Internet bisher noch ein unentdecktes Land ist. Denn während im stationären Handel der Einsatz von psychologischen Verfahren bereits Standard ist, ist dies im Onlinehandel noch nicht der Fall. „Dort beschäftigen sich nur ein paar große Unternehmen mit diesem Thema", so Dreißigacker. Die Mehrheit wüsste aber nicht einmal, dass sich mit solchen Methoden Reichweite und Verkäufe steigern ließen.

Usermind macht sich Mechanismen des Gehirns zu Nutze

Doch was für Verfahren und Methoden sind das eigentlich, die Usermind einsetzt? Ein Instrument, welches die Würzburger verwenden, sind die sogenannten kognitiven Heuristiken. Unter diesem Begriff versteht man Muster, die das menschliche Gehirn gebraucht, um schnell und effizient Entscheidungen treffen zu können. Das Würzburger Startup macht sich diese Mechanismen zu Nutze. Ein Beispiel für eine solche Heuristik ist etwas das Prinzip der Reziprozität. „Wenn ich etwas bekomme, fühle ich mich eher dazu verpflichtet etwas zurückzugeben", erklärt Sven Dreißigacker. Unternehmen können sich das etwa zu Nutze machen, indem sie ihren potenziellen Kunden zu Beginn einen kostenlosen Mehrwert bieten. „Im Gehirn des Kunden entsteht dadurch ein unbewusstes Schuldbewusstsein, weil er ja etwas geschenkt bekommen hat und dafür etwas zurückgeben will." Die Folge: Der Beschenkte wird bei dem Unternehmen, das ihm etwas geschenkt hat, mit größerer Wahrscheinlichkeit auch zahlender Kunde.

Dies ist nur ein Beispiel für die Verfahren, welche Usermind bei der Entwicklung von Internetauftritten für seine Kunden nutzt. Das Nachwuchsunternehmen verfügt bereits über ein ganzes Archiv von Heuristiken für verschiedene Szenarien. Daneben greifen Dreißigacker und Groschup aber auch auf andere Verfahren zurück. Um sich etwa einer bestimmten Zielgruppe anzunähern nutzen sie die sogenannte Systemtheorie, einen Ansatz der ursprünglich aus der Kybernetik stammt. „Dabei geht es im Kern darum, den Mensch als System zu betrachten und herzufinden, welche Art von Kommunikation in diesem System Mensch aufgenommen werden kann", erläutert Dreißigacker.

Daneben verwendet das Startup zur Identifikation von Zielgruppen auch sogenannte Personas. Dies sind fiktive Personen, die als Archetyp des Kunden eines Unternehmens modelliert werden und so eine bestimmte Zielgruppe repräsentieren sollen. „Der Vorteil bei der Nutzung von Personas ist, dass wir damit viel nutzerorientierter handeln können, weil wir die Perspektive des Kunden einbeziehen können."

Die Chemie zwischen den Gründern stimmt

Aus der Taufe gehoben haben Dreißigacker und Groschup Usermind erst vor wenigen Monaten. Der offizielle Start des Nachwuchsunternehmens ist am 11. Februar 2018 gewesen. Die beiden Gründer kennen sich allerdings schon deutlich länger. Beide studieren an der Universität Würzburg E-Commerce, im zweiten Semester laufen sie sich bei einer Lerngruppe zum ersten Mal über den Weg. Schnell merken sie, dass die Chemie zwischen ihnen stimmt. In der Folge schmieden die beiden den Plan, sich selbständig zu machen. Nach Abschluss des Studiums wollen sie jedoch zuerst noch ein wenig Erfahrung sammeln, bevor sie ihr eigenes Unternehmen gründen. Sven Dreißigacker geht für rund zwei Jahre nach Frankfurt am Main. Dort arbeitet er bei einer großen Internetagentur und beschäftigt sich in dieser Zeit bereits intensiv mit dem Thema Conversion-Optimierung. Phillip Groschup ist zur gleichen Zeit für eine Internetagentur in Würzburg tätig. Sein Schwerpunkt ist das Onlinemarketing. Anfang des Jahres wagen sie schließlich den Sprung in die Selbständigkeit. „Ich konzeptioniere, Philip entwickelt und Marketing haben wir beide drauf", beschreibt Sven Dreißigacker die Arbeitsteilung bei Usermind.

Momentan befindet sich das Startup noch in der ersten Phase seines Businessplans. In dieser will das Unternehmen ein breites Leistungsspektrum rund um die Homepage-Entwicklung für Unternehmen aller Größen anbieten. In Zukunft will sich das Team aber zunehmend auf das Thema Conversion-Optimierung fokussieren. Zielgruppe sollen dabei in erster Linie Großunternehmen sein. Der Grund für diese Festlegung: „Für die Conversion-Optimierung braucht ein Unternehmen ein bestimmtes Budget und auch einen gewissen Traffic auf seiner Homepage". Das Geschäftsmodell der Würzburger sieht sowohl einmalige als auch kontinuierliche Kundenprojekte vor. Im ersten Fall würde für die Kunden nur eine Implementierungsgebühr anfallen, bei langfristigen Vorhaben käme dazu noch eine monatliche Gebühr für die Projektbegleitung durch Usermind.

Bisher läuft das Geschäft für das Nachwuchsunternehmen recht vielversprechend. Mit 15 bis 20 Kunden erwirtschaftet das Unternehmen bereits erste Umsätze. Die beiden Gründer halten auch schwarze Zahlen bereits im ersten Jahr für durchaus möglich. Darüber hinaus sieht die finanzielle Lage für die nächste Zukunft gut aus, das Startup ist nach eigener Aussage mindestens für die nächsten beiden Jahre bereits durchfinanziert. Die ersten drei Jahre wollen die beiden Gründer vor allem nutzen, um sich einen Expertenstatus zu erarbeiten und auch bereits ein wenig zu wachsen. In den Jahren drei bis fünf sollen dann erste Projekte rein aus eigenen Mitteln, sprich ohne Fremdfinanzierung, umgesetzt werden. Und außerdem wollen sich Dreißigacker und Groschup auch weiterhin um ihr Nebenprojekt mein-brettspiel.de kümmern, eine Suchmaschine für Brettspiele mit bereits mehr als 12.000 Einträgen in der Datenbank.


Erschienen am 29. September 2018 auf www.b4bmainfranken.de


Zum Original