Die Buchbranche beschäftigt seit Tagen ein Thema: die Insolvenz von KNV. KNV steht für Koch, Neff und Volckmar - den größten deutschen Zwischenbuchhändler, der Bestellungen von Kunden binnen 24 Stunden an die Buchhandlungen ausliefert. Nun fürchten gerade die kleineren Verlage massive Umsatzeinbußen. NDR Kultur hat mit zwei Verlegerinnen aus Hamburg gesprochen.
24 Stunden - so lange dauert es in der Regel maximal, bis ein bestelltes Buch vom Kunden im Laden abgeholt werden kann, dank der Logistik des Zwischenbuchhändlers KNV. Den Erlös des Buchverkaufes zahlt KNV allerdings immer erst ein paar Wochen nach Verkauf eines Buches an die jeweiligen Verlage. Und ob die angesichts der angemeldeten KNV-Insolvenz jemals ihr Geld sehen werden, ist ungewiss. Ein Problem vor allem für die kleineren Verlage, die keine großen Konzerne im Rücken haben und nun um ihre Liquidität fürchten.
Fatale Folgen für kleinere Verlage
"Das ist schon ein recht schwerer Schlag", sagt Katharina Picandet vom Hamburger Nautilus Verlag und ergänzt: "Wir machen ungefähr 25 Prozent unseres Umsatzes über KNV und das bedeutet, dass von unseren Umsätzen von November einschließlich bis Mitte Februar, also inklusive Weihnachtsgeschäft, uns jetzt ein Viertel fehlt. Das stecken wir natürlich nicht so einfach weg."
Ähnlich geht es Else Laudan, Verlegerin des Argument Verlags mit Ariadne aus Hamburg: "Da wir jetzt beispielsweise mit unserem sehr bejubelten Titel von Sara Paretsky einen sehr schönen Anteil am Weihnachtsgeschäft hatten, heißt das für uns im Augenblick einen Ausstand in fünfstelliger Höhe. Das ist mehr, als sich so ein kleiner Verlag ohne Weiteres leisten kann."
KNV leistet für die Branche eine unschätzbar wichtige Arbeit, betont die Verlegerin. "KNV ist nun schon seit vielen Jahrzehnten ein ganz wichtiger Akteur, von dem allerdings die breite Öffentlichkeit nicht so viel sieht, weil es eben ein Zwischenhändler ist, der aber verschiedensten Aufgaben nachkommt. Ich denke, am bekanntesten ist eigentlich der Effekt, dass er dem Buchhandel hilft, Kundenwünsche sehr schnell befriedigen zu können", findet Laudan.
Appell an die Politik
Der 24-Stunden-Service ist für die Buchhandlungen in Zeiten des Internethandels immens wichtig. Bricht KNV weg, könnten mittel- und langfristig also auch die unabhängigen Buchhandlungen ins Schleudern geraten.
"Es ist ja nun nicht das einzige Problem, vor dem diese Branche steht, sondern wir haben ja insgesamt zum einen durch die zunehmende Konzentration in Buchhandlungen und Verlagen, zum anderen durch die Digitalisierung und diese Querschläger wie Amazon einfach eine sehr schwere Situation", erzählt Laudan und fügt hinzu: "Was da immer auf dem Prüfstand steht, ist sozusagen die Schnittstelle zwischen der Literaturproduktion und dem Publikum und KNV ist für diese Schnittstelle ein wichtiges Bindeglied."
"KNV ist tatsächlich systemrelevant für die Branche", stimmt Nautilus-Verlegerin Picandet zu: "Ich finde, das wäre eine Kulturförderung oder eine wichtige Maßnahme zum Kulturerhalt, wenn es da eine politische Hilfe geben könnte. Das fänden wir schon sehr wünschenswert."
Eine Forderung, die dieser Tage immer wieder aufkommt: staatliche Hilfen für die Buchbranche. Die Pleite hat eine grundsätzliche Diskussion in der Branche ausgelöst. Längst geht es um mehr als um den Zwischenbuchhändler, es geht um die Zukunft des unabhängigen Buchhandels.
Der Radio-Beitrag lief am 21.02.2019 um 6:20 Uhr auf NDR Kultur
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