1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Radler lassen nicht locker: Demo für den Radschnellweg zwischen Mannheim und Heidelberg

Über 200 Radler sind gestern von Heidelberg nach Mannheim gefahren, um für den Radschnellweg zu demonstrieren. Foto: Kreutzer

Von Sebastian Blum


Heidelberg/Mannheim. Wenn Radfahrer auf einer Kundgebung in eigener Sache demonstrieren, klatschen sie nicht einfach. Sie hupen, bimmeln und klingeln mit allem, was der Drahtesel an Geräuschen hergibt. Am Sonntag teilweise sogar so laut, dass die Moderatorin auf der RNF-Bühne am Wasserturm in Mannheim mit ihrer Stimme nicht dagegen ankommt. Mehr als 200 Personen beteiligen sich an der Demo für den Radschnellweg zwischen Heidelberg und Mannheim. Sie wollen vor allem eines erreichen: Die "Fahrradautobahn" soll kommen, und zwar am besten sofort.

Auf der Demo-Route von Heidelberg über Schriesheim und Ladenburg erleben die Radfahrer einen Nachmittag lang, wie es sich anfühlt, im Verkehr Vorrecht zu haben. Acht Motorradbesatzungen der Polizei sorgen unterwegs dafür, dass die Radler an jeder Kreuzung Vorfahrt haben. Was in den Augen des Heidelberger Stadtrats Christoph Rothfuß (B 90/Grüne) immer dort der Fall sein sollte, "wo Radfahrer in der Überzahl sind". 

Bei der Abschlusskundgebung am Wasserturm wird der Vorwurf an die Verwaltungen beider Städte laut: Radfahren und Radstrecken seien in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt worden, daraus macht Michael Fröhlich keinen Hehl. "Dabei ist Radverkehr ein Schlüssel zur Lösung der innerstädtischen Verkehrsprobleme", sagt der Projektleiter und Demo-Organisator vom ADFC Rhein-Neckar im Interview mit der RNZ.

Und es tut sich was, egal wo man hinschaut. Fahrradwege gehören längst zum Stadtbild großer Autofahrer-Metropolen wie New York, Oslo hat seine Innenstadt komplett vom Auto befreit. Die holländische Stadt Houten pflegt seit Jahren ein autofreies Verkehrskonzept, eine Ausstellung im Frankfurter Architekturmuseum trägt den kämpferischen Titel "Fahr Rad! Die Rückeroberung der Stadt".

Das Fahrrad ist salonfähig, doch den Demonstrierenden am Wasserturm geht das alles zu langsam. Erst ab 2025 soll der Radschnellweg Heidelberg mit Mannheim verbinden. Diese Tatsache wird mit Buh-Rufen und Geklingel quittiert. "Das Volk ist schneller als die Politik", wettert ein Demo-Teilnehmer. Und was sagen die Autofahrer?

Nach Angaben von Michael Fröhlich hat es auf der Demo-Route keinen Clinch gegeben. Dabei bestimmen oft Rivalitäten zwischen Auto- und Radfahrern das Verkehrsbild. Fröhlich empfiehlt: "Autofahrer sollen mal mit dem Rad durch die Stadt fahren, damit sie sehen, wie schwierig und gefährlich das ist." Dass sich Radfahrer teilweise in übertriebenem Maß echauffieren, wenn etwa ein DHL-Fahrer seinen Sprinter wegen Zeitdrucks kurz auf dem Radweg abstellt, sieht Fröhlich zwar ein. Aber er lässt nicht locker: "Es geht um einen Perspektivwechsel", und den müssten eben vor allem Autofahrer vornehmen.

"Das Auto hat das Fahrrad verdrängt. Bis in die 40er und 50er-Jahre war das Rad Bewegungsmittel Nummer eins", sagt er selbstbewusst. Dazu passt es, dass beim ADFC das Thema A 656 noch nicht vom Tisch ist. "Wir lassen ihnen jetzt Zeit, die Autobahnbrücke zu bauen. In zwei Jahren fahren wir dann dort nach Mannheim und demonstrieren wieder", so Fröhlich. Klingel-Jubel.

Zum Original