Saskia Aleythe

Journalistin, München und Berlin

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"Also, was wolltet ihr spielen?"

Zu viel Öffentlichkeit kann weh tun. Christian Prokop hat das vor einem Jahr gespürt, bei seinem ersten Turnier als Bundestrainer der deutschen Handballer. Kameras und Mikrofone sind ja immer dabei in den Auszeiten, Millionen TV-Zuschauer können sehen, wie gut der Mann seine Truppe im Griff hat - oder eben nicht. Es lief das dritte Gruppenspiel gegen Mazedonien, Auszeit Deutschland in den letzten Sekunden der Partie. Prokop versuchte, seinen Spielern einen Plan mitzugeben, um aus dem 25:25 einen Sieg zu machen - doch manch einer hörte gar nicht zu.

Rückraumspieler Philipp Weber tat dann exakt das Gegenteil von dem, was Prokop wollte, wählte einen sinnlosen Diagonalpass auf Rechtsaußen, Chance vertan. Bedient trat Prokop danach vor die Mikrofone und sagte noch recht diplomatisch: "Von allen Optionen, die wir hatten, war das sicher die schlechteste." Und es festigte sich der Eindruck, dass es rumort im Team.

Ein Jahr später ist der Leipziger Weber nicht mehr dabei, aber man sieht auch einen anderen Prokop, wenn er mit seiner Mannschaft spricht. Er hat seinen Stil verändert, was am Samstagabend in einer bemerkenswerten Szene mündete. 22 Minuten waren gegen Brasilien gespielt, es stand 12:5 für die Deutschen, da kam die Auswahl zusammen, Martin Strobel setzte an zum Austausch mit Patrick Wiencek. "Ihr könnt gleich besprechen, was ihr spielen wolltet", sagte Prokop ruhig. Er würde Paul Drux jetzt in die Partie bringen, sagte der Trainer und fragte dann, an die beiden Spieler gerichtet: "Also, was wolltet ihr spielen?" Der neue Weg des Bundestrainers heißt: Integration....


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